Die Wanderschäferin Ruth Häckh mit Bildern von Gerhard Freitag
Steht überm Dorf der erste Stern
und wird es langsam Nacht,
dann hält der alte Schäfer noch
Bei seiner Herde Wacht.
Geht dann der runde Vollmond auf,
wird’s still nun weit und breit,
da singt der Alte leis sein Lied
aus seiner Jugendzeit:
Der alte Schäfer auf einsamen Feld
kennt seine Herde
und auch die Welt,
er lächelt leise,
weil er es versteht,
das Glück der Erde,
es kommt und geht.
(Der Alte Schäfer, Ruth Häckh’s Lieblungsschäferlied)
Ruth Häckh wurde 1962 in Sontheim an der Brenz geboren, sie ist geschieden und ihren Kindern David und Felix hat sie ein Buch gewidmet. Denn als Schäfer und zumal als Wanderschäferin ist sie eine Person von hohem öffentlichen Interesse, denn vielen fällt,trotz der allfälltigen Marketingoffensiven von Staat und Wirtschaft, dass Leben mit der Natur schwer.
Gerhard Freitag ist Fotograf und Vortragskünstler und hat Ruth von 2010-2015 immer mal wieder reportierend begleitet. Die Früchte der Kooperation des Nerenstetter Weltenbummlers und der Sontheimer Schäferin- die auch lange in Neuseeland und Australien hütete-präsentierte der Schwäbische Albverein, in Ennabeuren; einem leider ungewollt engen Kreise im dortigen Vereinsheim.

“Schafe überstehen problemlos schwerste Stürme, ob sie aber dem gesellschaftlichen Wandel und den politischen Vorhaben standhalten ist offen”, meint Freitag und erwähnt, dass es sich für immer weniger Schäfer trotz,Idealismus lohnt, ihren Beruf auszuüben, zumal als Wanderschäfer, wie die Ruth Häckh einer ist.
Emanzipiert und ambitioniert seit mindestens 1987
Warum 1987? Da hat sich Ruth, das erste mal als zweite Frau im “Gäu” getraut an einem Leistungshüten gegen “gestandene Schäfer” wie sie in ihrer gut zu lesenden Biographie schreibt, zu beteiligen. Sie und ihr altdeutscher Hütehund Lux, machen den dritten Platz und selbst die größten Machos unter den Schäfern zollen Respekt. Ihren jetzigen Lebensgefährten “Francesco” der das motorisierte Pendant zum traditionellen Schäferkarren fährt, hat sie übrigens nur kennengelernt, weil sie aus familiären Gründen nicht nach Indien konnte. Und da hat sie doch der Hafer gestochen und sie hat sich zu einen Ausritt in Italien angemeldet, der “Ritter” war Francesco.Der sich sofort in sein Gegenüber verliebte.Er wusste mit der zierlichen Schwäbin mit der natürlichen Ausstrahlung, wolle er sein weiteres Leben verbringen.Ruth sah das damals noch ganz anders, denn sie hatte ja schon eine glücklicheEhe mit Bertrand.
Von 1987 bis 1989 hatten der Franzose und Ruth eine Weltreise von LA über Australien und Indien bis Paris gemacht. Francesco aber spricht nach 20 Jahren noch kaum Deutsch. Er brauchte auch kaum Worte um ihr seine Liebe zu zeigen.Sie aber lernte in wenigen Monaten Italienisch.
Unerschütterliches Schäferblut
Ihr Vater Fritz war auch Schäfer und einige Ahnen mütterlicherseits.Sie selbst wollte nach dem Abitur im Giengen an der Brenz eher Stewardesse oder Tiermedizinerin werden. Für Zweiteres reichte aber ihr Notendurchschnitt nicht und weil
Ruth am Bodensee ihre Ängstlichkeit verloren hatte, es dem Vater der damals Anfang zwanzig Jährigen aber das Herz gebrochen hätte, wäre sie nach Indien gegangen, ist sie Schäferin, von ihrem Vater ausgebildet geworden und hat es bis heute nicht bereut.

Ruth sieht ihr Buch als “Liebeserklärung an die Schäferei und umschreibt die Anforderungen an einen Schäfer folgendermaßen.
“Naturverbundenheit und die Liebe zu den Tieren gibt immer den Ausschlag für die Wahl des Schäferberufs, und wer sie nicht besitzt, der vergreift sich und wird der Schäferei bald überdrüssig sein.Wobei ich von einer unerschütterlichen, extrem strapazierfähigen Naturverbundenheit spreche, einer die jahrein, jahraus hundertmal auf die Probe gestellt wird.Bei schönem Wetter naturverbunden zu sein fällt den wenigsten schwer. Doch wie weit die Naturverbundenheit reicht, das zeigt sich erst,wenn es in Strömen regnet, wenn es den ganzen Tag durch Matsch und Pfützen geht, wenn einem der Wind un die Ohren pfeift und der Regen ins Gesicht peitscht, wenn das Thermometer unter null fällt und die Nase rot anläuft und die Zehen abzufeuern drohen. Ja das Schäferleben hat seine schönen, durchaus auch seine romantischen Seiten, aber es ist nicht umsonst zu haben.Es hat seinen Preis.Es erfordert ein besonderes Durchhaltevermögen, es ist mit enormem Einsatz und körperlicher Anstrengung verbunden, es setzt unendlich viel Wissen und Erfahrung voraus, denn Schäfer haben es mit lebendigen Wesen zu tun, und zwar einer ganzen Menge davon.Der schönste Beruf der Welt ist auch ein mühsamer, kräftezehrenden und bisweilen nervenaufreibende.”(Ruth Häckh.Eine für Alle, Mein Leben als Schäferin, S.15)

(Daniel Baz, Sontheim bei Heddesbühl, 16.03.23)