
“Liebe ist gefrorener Bergbach, der fließt.”
(RUMI, persischer Geistlicher und Poet)
“Wir gehen niemals über die Grenze der Gewalt”
(Aimee van Baalen, Sprecherin LG)
Dem Vergangenen:Dank, dem Kommenden: Ja.
(Daag Hammerskjöld, verunglückter UN-Generalsekretär)
Rave dem Rempart
Es ist ein ziemlich normaler Unitag in der Freiburger Innenstadt. Nur heute tanzen seit 13.00 Uhr Menschen vor einer Bühne die überschrieben ist mit “Warum wir raven” zu Technomusic. Unbeirrt schießt ein Fahrradkurier haarscharf an meiner leichtfertig abgestellten Wasserflasche vorbei. Ich verbinde mit diesem Platz, wie so viele viele schöne und schlimme Erlebnisse der Studienzeit. Nach einer halben Stunde Tanzvergnügen, bleiben noch ungefähr 30 Interessierte als Philipp vom Bündnis “Platz für Menschen, nicht für Autos” bestehend aus Greanpeace, Students for Future und dem alternativen Fahrradfahrerclub ADFC, DJ Ronny für die erste Session dankt. Vertreter der Fraktionen von CDU, SPD und Grüne sind heute gar nicht gekommen, nicht nur für mich eine herbe Enttäuschung, Günther Rausch von der bunt-linken Fraktionsgeneinschaft “Ein Freiburg für alle”kommt, trotz Zusage,nicht und so muss Lea ,von der Orga, das gegen die Aufrechterhaltung der für Autoverkehr gesperrten beruhigten Rempardsstraße rotierende Statement, als einzige ausgearbeitete politische Position verlesen. Vier Mal, hatten sich seit dem Sommersemester hier schon Studenten, Aktivisten, Tänzer und Stadtpolitiker getroffen, in einer neuen gelösteren Form, ein kleiner Befreiungsschlag nach der harten Corona-Disziplin. Friedrich von dem Verein für Innenstadtberuhigung bringt die Zuhörer in Wallung, in dem er eine intergenerationale Brücke schlägt. Hier sei schon in den 70ern getanzt worden und die sei schon der erste Schritt für einen Campus in der Innenstadt gewesen. Campa ist das italienische Wort für kämpfen.

Kämpfen mit offenem Ohr
Zwei Begegnungen mit Passanten umschreiben das Meinungs- und Stimmungsbild.Irene aus dem Baskenland ist Ersti, wie viele hier, und sie hat das Gefühl, dass es eine gute Sache ist, wenige Autos in der Stadt zu haben, es sei aber schon vergleichsweise verkehrsberuhigt, sie zweifele noch, müsse sich noch mehr informieren.Dann interveniert ihr Begleiter, der Deutsche Vincent.”Wir haben so viele Möglichkeiten andere Transportmittel zu nutzen”, er werde Lehrer;und wolle auch,dass seine Kinder einmal noch gut leben könnten, und es sei schon spät umzuschwennen, in Richtung enkelgerechte Mobilität.

Mehr lieben und zuhören
Hanna ist Ethnologiestudentin,im Ersten, und findet andere Protestformen, auch die der “letzten Generation” für notwendig. Ich will der Welt sagen: “Ihr müsst mehr lieben, darin stimmt ihr Lea, ihre Kommilitonin zu, nicht aber bei der Bejahung des radikalen zivilen Ungehorsams von Autobahnblockaden.In Hannas Ohr steht im Schwunge ihrer Ohrmuschel geschrieben “hör zu.”Tief berührt und nachdenklich gehe ich Richtung Uni Bibliothek, Rechter Hand glänzt mich das goldene”Die Wahrheit wird euch frei machen an”. Links vor dem Stadttheater halten sich im Halbkreis Mebschen in Stille bei der Hand. Wieder ein gefundenes Fressen für den noch verlaufenden Appetit nach Sensationen? Nein. Eine tiefbraunes Augenpaar trifft meines, ich komme zum stehen.Am Ende der Kette streckt jemand die Hand aus, ich stecke die Kamera weg und stelle den Latte auf den Boden und gehe zu der Hand. Erst als ich die warme Hand halte, an diesem trüben Tag realisiere ich die Bilder von Ermordeten Aktivisten und Aktivistinnen im Iran, die vor dem Halbkreis auf dem Boden liegen. Ich weine mir die Seele in den Leib, die ich mir vorher aus dem Körper getanzt habe.Ihr denke an das Ohr, denke hinzugehören und gehe dankbar und ohne plakative Bilder das hier schreiben. Im grellen unnatürlichen Licht der neuen Universitätsbibliothek, im Wissen das die alte UB, 2015 ein Flüchtlingswohnheim geworden ist. Morgen fahre ich, heute schlafe ich im Klimacamp.Dem Vergangenen: Dank, dem Kommenden: Ja.

