Die Zeitredakteurin Deborah Schnitzler machte sich am Donnerstag online im Gespräch mit der Sinnforscherin Tatjana Schnell auf die Suche nach Sinnquellen.Dabei: “Die Freunde der Zeit”, so heißt das neue Zoom-Format der Hamburger Wochenzeitung. Das Fragebogendesign der Sinnprofessorin Schnell einerseits und und die Fragen aus dem Chat dienten dabei als Landkarte bei der gemeinsamen Suche. Das die Frage: “Wie wollen wir leben” ,so viele Teilnehmer nach Feierabend hinter dem Ofen vorgelockt hatte, flashte die junge Journalistin sichtlich.
4000 Teilnehmer beim ZEIT-Gespräch
Vielleicht gerade deswegen waren die 4000 im Chatroom zusammengeströmt, weil soziale Beziehungen der Kategorie Wirgefühl und Wohlgefuehl im Fragenbogen mit dem sprechenden Namen LeBe als eine der sinnstiftensten Qualitäten erhoben wurden. Denn sie vereinen die vier Säulen der Sinnhaftigkeit im LeBe-Konzept: Bedeutsamkeit, Orientierung, Kohärenz und Zugehörigkeit. Aus dem Publikum kamen überdurchschnittlich viele Fragen zum Thema Arbeit.
Die Menschen werden, die wir sein wollen
Zugehörigkeit könne man endlich mit dem Ausspruch “I matter” bezeichnen. Die Enthüllungen um die Kultur des männerbündischen Machtmissbrauchs im Axel Spinger Verlag und das Motto der gerade erstmals zentral in Berlin abgehaltenen Fridays for Future: “Ihr lasst uns keine Wahl”, lassen den Unterschied von Selbstwirksamkeit und Maslov’s lange vergessener Selbstranszendenz aufscheinen. Wenn das “I matter” der “Selfish Society” durch ein ethisch begründetes “me to” ihrer Opfer in Frage gestellt werden soll, bedarf es eines Menschentypus der auch zum vermeintlichen eigenen Nachteil für ein gute großes Ganzes arbeitet.
Sinnsuche beginnt in der Krise
Kohärenz bedeute das Ziel und Mittel zusammen passten. Es gehe nicht um den Sinn im Leben, der französische Existentialist Jeam Paul Sartre habe auch nicht daran geglaubt,und gerade deshalb zu einer sinnvollen Lebensgestaltung aufgerufen. Krisen wie Krankheit,Trennung und Verlust von Arbeit und Status gäben den Anstoß zur Selbsterkenntnis, so Schnell.Studien zeigen aber das man dabei nicht stehen bleiben solle, sondern in das Handeln kommen müsse. Einer der schönsten Sätze die im regen Chat zu lesen waren, stammt von dem KZ-Überlebenden Victor Franklin, dem Begründer der humanistischen Logotherapie. ” Wer ein Warum zum Leben hat, erträgt fast jedes Wie”. Auch Generativität, definiert als das Wissen um die wechselseitige Abhängigkeit und Verantwortlichkeit der Generationen stärke die Sinnhaftigkeit, ob im Kinder zeugen, aufziehen und lehren, ob im Alte versorgen und letzlich in der Sterbebegleitung. Christiane Funke-Jazigi meinte: “Sinn vernetzt sich biographisch und wächst in Gemeinschaften hinein.” In diesem Sinne freuen sich die “Freunde der Zeit” auf Nachwuchs, vielleicht so wurde debattiert in einem Sinn-Salon.