“Willst du nicht Aug und Sinn ermatten,
Lauf auch der Sonne nach im Schatten!”
(Friedrich Nietzsche)

Der Mai
Im Galarock des heiteren Verschwenders,
ein Blumenzepter in der schmalen Hand,
fährt nun der Mai, d.Mozart des Kalenders,
aus seiner Kutsche grüßend, über Land.
Esüberblühtsich,er braucht nur zu winken.
Er winkt! Und rolltdurch einen Farbenhain
Blaumeisen flatternihm voraus und Finken
Und Pfauenaugen flügeln hinterdrein.
Die Aofelbäume Hintern Zaun erröten.
Die Birken machen einen grünen Knicks.
Die Drosseln spielen, auf kleinen Flöten,
das Scherzo aus der Symphonie des Glücks

Die Kutsche rollt durch atmend Pastelle.
Wir ziehn den Hut.Die Kutsche rolltvorbei
Die Zeit versinkt in einer Fliederwelle.
O, gäb es doch ein Jahr aus lauter Mai!
Melancholie und Freude
sind wohl Schwestern.
Und aus den Zweigen fällt
verblühter Schnee.
Mit jedem Pulsschlag
wird das heute Gestern.
Auch Glück kann weh tun.
Auch der Mai tut weh.
Er nickt uns zu und ruft:
” Ich komm ja wieder!”
Aus Himmelblau
wird langsam Abendgold.
Er grüßt die Hügel,
und er winkt dem Flieder.
Er lächelt.Lächelt.Und die Kutsche rollt.
(Erich Kästner, die 13 Monate, Anm.des Editors: leichte orthograpische Modulationen von Nietzsche inspiriert und der Matrix erzwungen)
