Dem Reichtum begegnen auf dem Weg zur Spitze

DSC02691
Samantha Koeliker(Sw) beim Aufschlag gegen Mary Issler(Ger)

Der Internationalismus im Gewande des Tennissports

In Mengen angekommen, hat sich herausgestellt, dass Silvio nicht direkt dort wohnt, wo er mir das Gemüse gegeben hat. Auch habe ich keine Nummer von ihm.Trotzdem bin ich müde und entscheide mich von Samstag auf Sonntag vor der Bioland Gärtnerei etwas außerhalb im Auto zu pennen und aufzubrechen, wohin auch immer, bevor der Morgen graut. Mittlerweile war es anhaltend schlecht Wetter und ich merkte wie sehr mein Reiseplan auf gutes Wetter ausgelegt war. Ich hatte zu wenig geschlafen, wollte einen Campingplatz ansteuern um mich bis morgen zu regenerieren und dann wollte ich noch einen Tag ins Elsass fahren. Heute am 01.09 wäre der erste Tag des Jogacamps mit Sahra gewesen. Also hängte ich es an den Nagel. Denn je mehr ich nach Frankreich suchte desto mehr fand ich Deutschland. In Sulzburg begegnete mir morgens zum Beispiel ein verwunschener Bergweg, den ich bewanderte und danach fand ich ebenfalls ganz im Wald einen Campingplatz. Ich sprach mit einem Mann der mir einiges zu erzählen hatte, aber incognito bleiben wollte. Das Forstamt bedrohe den Campingplatz in der Wachstumsphase jetzt im September. Die Kommune sei voller Raffgier. Es solle immer mehr gebaut werden, immer mehr verbraucht.Nach dem ich in Münstertal am Fuße des Belchen, der mich so angezogen hatte, von einer Frau mit Hund vertrieben worden war, als ich wild campen wollte, befragte ich den sympathischen Mann dazu.

DSC02685
Der Reichtum des Markgräflerlandes zeigt sich hier in den von mir eigenmächtig aus Badenweiler Busen bezeichneten bewaldeten Weinbergen

Wenigverbraucher werden beim Camping benachteiligt

„Die Wohnmobilisten haben eine Lobby bei den Kommunen, die bekommen sogar eigene Stellplätze am Rande der Städte. Die Wohnmobilisten lassen Geld in den Orten, die dürfen auch wild campen, nicht aber die Zeltenden.“ Auf einem Campingplatz wie hier bei der alten Sägemühle zelten heuzutage nur noch drei von Hundert.Das sei auch kein Wunder denn der Campingverband Baden-Württemberg rede nur dem Fünf-Sterne-Camping das Wort. „Die Gesellschaft ist nicht bereit die Kleinen, Wenigverbraucher, die Naturverbundenen die vielleicht mehr Raum brauchen zu akzeptieren.“ Auch Biowinzer wie Wendelin Brugger im benachbarten Laufen seien vor 30 Jahren noch ausgelacht und von der Presse durch den Kakao gezogen worden. Das habe schon angefangen als die Nazis an die Macht kamen, einige, Kirchgänger hätten da steile Karrieren gemacht. Die seien auch nach dem Krieg noch von ihren Leuten gedeckt worden. Eigentlich sei Sulzburg eine lebenswerte Gemeinde, sagt er und deutet auf den Davidsstern an dem Tor vor und, das Tor zum jüdischen Friedhof. Die Juden die in Freiburg im Mittelalter vertrieben worden seien, seien hier in Sport- und Gesangsvereine integriert worden und niemand habe ihnen etwas zu Leide getan.Nach diesem Gespräch entscheide ich mich doch nicht zu campen, fühle mich irgendwie wohl in meiner rebellischen Haut.

DSC02682
Traktoren beschirmen ein werdendes Ehepaar vor dem Standesamt im Rathaus in Sulzburg

Badenweiler Open

Bald merke ich aber, dass es hier nirgends öffentliche Mülleimer zu geben scheint, nicht in Münstertal, nicht in Stegen. Eine starke Gemeinschaft scheint es hier aber zu geben. Rund zehn Traktoren und anderes schweres Gerät sind mit Herzen und Bändeln geschmückt, ein Schaufellader trägt das weiße Paar, ein Traktor eine weiße mit herzen bemalte Kiste, die wohl die Mitgift für die Ehe beherbergt. Beim Rathaus in Sulzburg hupen alle und laden die beiden zum Eheschließungsritual im Rathaus ein, hier gibt es einen Mülleimer. Einen Ort weiter in Badenweiler gibt es auch keinen Mülleimer aber zwei Thermen, eine Ruine einer römischen Therme und ein literarisches Museum, vor allem geht es hier ohne Absperrungen und Fahrverbote den Blauen hinauf, den zweithöchsten Berg Südbadens. Bei den ganzen prunkvollen Anlagen zweifle ich ob ich einen bezahlbaren Parkplatz finden werde. Als mir ein Tennisplatz verkommt wittere ich weitere Privaterie. Vor Gabi´s Tennisklause gibt es aber dann einen Parkplatz und darinnen sowohl einen Pfefferminztee als auch die Begegnung mit der Kultur des Tennis. Denn es finden hier die Badenweiler open statt, ein Internationales Damentennisturnier der International Tennisfederation(ITF).Heute am Samstag ist der erste Tag der Qualifikation, das Turnier geht bis nächsten Sonntag. Das ist bei allen Vorurteilen gelebter Internationalismus, es sind hier Damen aus Frankreich, Deutschland, der Schweiz, Belgien, Weißrussland, Österreich und den USA am Start im Kampf um Punkte und Ranglistenplätze. Das Preisgeld liegt bei 15000 Euro. Neben mir sitzt ein man neben einer jungen Dame, der mir sofort wie ein “Trainervater” vorkommt. Auf dem Center Court, dem zentralen Tennisplatz spielen gerade Mary Issler(Ger) gegen Samantha Koeliker(Sw).Spitzig und aufschlagsstark entscheide ich mich für Koeliker, links zu sein. Das Spiel ist wirklich spannend auch wenn ich nicht mehr genau weiß wie gezählt wird.

DSC02686
Von der Burg Baden in Badenweiler aus kontrollierten die Zähringer ab 1122 ihren Silberabbau, dort gibt es auch ein Denkmal für Friedrich den ersten von Baden, der(1826-1907) für eine Epoche stand in der das Großherzogtum Baden ein eigener Staat war

Internationalismus von unten nach oben

Ein Satz für Issler, Ein schwer erkämpfter Satz für Koeliker und dann der Entscheidungssatz.Der Mann der sich als Anwalt aus Erfurt outet, aber ansonsten bedeckt bleiben will, hat eine rechte Freude mir das Spiel und seinen Reiz zu erklären.Die ITF halte in diesem Moment Turniere in Ungarn, Paraguay, Japan, Italien und der Tschechei ab. Bis 1969 habe es in Wimbledon keine Profis gegeben. Der Weg im Tennis gehe immer von unten nach oben. Tennis sei deswegen so faszinierend, weil man die eins zu eins Matches habe und man sich immer wieder neu auf seine Gegner einspielen müsse. Tennis sei Leistungsgesellschaft pur. Man müsse bereit sein sich zu quälen und immer wieder neu zu motivieren, man könne aber auch wieder zurückkommen, ein Turnier gewinnen, wenn man zehnmal hintereinander verloren habe. Tennis, wenn man es internationale turniermäßig betreibe, sei aber auch nicht billig. Beim Fußball brauche sein Sohn 40-50 Euro Mitgliedsbeitrag und 20 Euro im Jahr für die Wäsche. Wenn seine zwei Töchter auf Turnieren, Unterkunft und Kost und Logis zu zahlen hätten, sei das eine andere Dimension. Die Ausfahrten zahle im Fußball der Verein, im Tennis müse man selber dafür aufkommen. Mittlerweile hat Issler gewonnen. Der Tennisbegeisterte erklärt was Tennis alles trainiere. Allem voran die Koordination: Mit dem Schläger den Ball treffen. Dann den mentalen Bereich: Meine Stärken, gegen deine Schwächen, Rückhand unterlaufen und so weiter. Dann die Gelassenheit, akzeptieren, dass Fehler entstehen, die Bereitschaft sich zu quälen und immer wieder Dinge zu üben in denen man schwach ist. Tennis sei im Gegensatz zum Fußball lange nicht so verletzungsanfällig, außerdem beherrsche man das Spiel nie,man müsse sich stets auf neue Situationen einstellen. Auch gebe es im Tennis eine gute Gemeinschaft, wenn man den Ort wechseln müsse habe gleich wieder Anschluss im Tennisverein.

DSC02724
Blick auf die Vogesen vom Blauen in 1165 Metern Höhe

Hochblauen Ein Überblick

Jetzt wird es Abend und ich will noch einmal versuchen ob ich nicht mein Zelt auf einem der badischen Berge aufgebaut bekommen. Ich bin sehr beeindruckt von den steilen Serpentinen und das Restaurant Hochblauen ist auch sehr nett. Es ist aber nicht wie der Köterberg bei Kassel beseelt von einer lebendigen Gastronomie, sondern eher auf wenig Personal und Selbstbedienung angelegt. Das schafft eine anonyme und ungesellige Atmosphäre. Die Aussicht vom Gleitschirmfliegerabflugplatz entschädigt aber für alles. Von hier aus sieht man die Alpen, die Vogesen, den Schwarzwald und den Schweizer Jura und auch die Oltimer und ihre Begleiterinnen sind imposant. Ich schlafe heute wieder im Schatten eines Geld bringenden Wohnmobiles, ein bisschen niedriger wie die 1165 Meter auf der windigen Spitze des Blauen. Morgen will ich heim fahren, denn ich bin der Geschichten übervoll und die rebellische Form des Schlafens zehrt mehr und mehr an der Substanz. Morgen will ich vielleicht noch die 100 Kilometer nach Frankreich hinein mit dem Ziel Delle fahren. Aber habe auch schon wieder das Gedicht: „Solang du nach dem Glücke strebt, bist du nicht reif zum Glücklichsein…“ im Ohr. Gnädige Weisheit die um die eigenen Grenzen wissend, Pläne lassen kann um das willkommen zu heißen was ist und auch vergeht.

 

Blauenworte

Wie wäre es, wäre dieses Wollen und Haften

nicht ein Verschlungenwerden in schon Verfügtem,

das zielend ausgeschafft werden muss,

wie ein Anrennen fremder Armeen an Burgen

Ein Ärgernis ist es so zumeist

Ein Aufhebens machen

vor übermächtigen Obstruktionen

Ist es wirklich Integrazie sich so zu bekriegen

und nichts zu bekommen als einen etwas erotischen Tritt?

Advertisement

Vita Classica Therme: Sorge gut für dich

DSC02623
In der Vita Classica Therme darf man nicht filmen und davor regnete es

Die Therme Bad Krozingen oder wo hin mit dem wilden Pferd

Als ich morgens aus der SUSI rauskommen, fotografiere ich die Plakate von Festivals, Musik ist mir auch wichtig.Jetzt kommt jemand, ich ängstige mich, tu meine Kamera weg. Es ist die Schöne, die ich gestern beim Eisessen, schon so spannend vorkam, sie hat eine Feder hinter das Ohr tätowiert. Komischerweise kommt jetzt auch die Rothaarige vorbei, die vorgestern in der Apotheke vor mir Stand. Als ich Richtung Auto gehe, fährt bei der Unterführung nach dem Puff ein schwarz-roter, männlich geschnittener Transporter mit der Aufschrift „La Strada“ Richtung Frankreich. Als ich in die selbe Richtung losfahren will, fährt ein roter Van mit Aufschrift Haushaltssanierung Richtung Freiburg. Zusätzlich zu dem aufkommenden Regen bin ich etwas irritiert. Ich beschließe weiter bei der Bit by bit Strategie zu bleiben und erst mal mal für gute Bedingungen der Frankreichreise zu sorgen, ich kaufe also neue Scheibenwischer bei ATU. Als ich in Bad Krozingen, der nächsten Station angekommen bin, sehe ich erstens, dass ich noch genug Geld habe und zweitens, dass es hier eine Therme gibt. Ich gehe entgegen meiner sparsamen Gewohnheit zum Bäcker. Hier in im Bäcker tummeln sich ältere Leute, wohl auf Reha oder Kur und Handwerker.Als die ältere Frau am Nebentisch von Urlaub auf Teneriffa anfängt horche ich auf.“Die Leute sehen nicht wie gut deine Ohren sind“,denke ich meinen neuesten Leitsatz.“Urlaub auf Teneriffa ist so billig, in einer Gegend mit der man nichts zu tun hat, am Strand, wo man der Prägung nach gar nicht zu Hause ist. Interessiert ob Menschen die so denken auch etwas mit der AFD anfangen können, frage ich sie was sie von Björn Höcke hält. Mit der AFD könne sie gar nichts anfangen. Höcke sei für sie der neue Goebbels.Sie fragt mich wo ich herkomme? Ich sage von der Vauban. Sie meint die Vauban sei eine Exklave der Bevormundung durch deren Ältesten, die sich dazu berufen fühlten. Schöne andere Perspektive auf mein bisher sehr verklärt positives Vauban-Bild. Bei soviel Kontakt zu den Menschen hier, verlangt es mich nach der Bild-Zeitung, die ich nach etwas Warten zu fassen bekomme. Sie Titelt: goldener Aufschwung. Nur die Sparbuchsparer und der Niedriglohnsektor hätten nichts davon. Da ich zum Niedriglohnsektor gehöre, nehme ich das als weiteres Gegenargument ganz nach Südfrankreich zu fahren.“Erst wäge, dann wage“ „Das ist eine Schule des Schreibens“ rezitiere ich, wann sollte ich die ganzen Begebenheiten bis heute plus die 7 Tage Joga und Selbstbewusstwerdungsworkshop aufschreiben. Nur so durch Frankreich durchzufahren um nach Mont Segur zukommen, wäre gegen meine Überzeugung der Achtsamkeit gewesen. Und wenn ich heute in die Therme gehen würde, dauerte das bin Elf und danach hätte ich nicht mehr die Kraft bis Delle, wo vielleicht der nächste Campingplatz wäre zu fahren. Ich dachte erst einmal, sorge gut für dich in der Therme und dann penn erst mal bei Silvio in Mengen, dann kannst du immer noch los nach Frankreich.

DSC02765
Tittisee Badeparadies Schwarzwald

Geh zu den Franzosen

Mein Kleingeld und mein Retourgeld vom Bäcker reichen um die 25 Euro Eintritt für Therme und Saunenlandschaft zu berappen. Sophie, die Bedienung an der Kasse ist aus Paris und weiß, in Frankreich gibt es keine öffentlichen Thermen, da sei alles privat, deshalb sei die Therme in Bad Krozingen auch von Franzosen gut besucht und die letzte Gelegenheit für eine Therme vor Frankreich.Es regnet, nach dem ich zwei Bahnen im Innenbecken geschwommen bin, spüre ich jetzt draußen den Regen auf der Haut.Das kühle Tröpfeln des Regens ist mir im Medium des warmen Wassers, das rechte Maß an Information. Draußen stehen die Scharen gelb-weißer Liegestühle, die im Regen verwaisen.“Wasser verfließt, Steine bleiben“, denke ich im Anblick der urigen Steine von denen wildes warmes, die Leiber massierendes Wasser verschwenderisch hernieder prasselt.In Augenblicken der Überfülle, kommt mir zur Zeit immer das Gedicht, welches ich für das Tanztheater „Geht nicht gibt’s nicht“ beisteure. Es beginnt so: „Ach ja, jetzt weiß ich wieder was ich vermisst habe, es war der Augenblick, der die Augenbinde nimmt, das Sprungbrett, das Springen, der Springer die Kraft, das große Hinein und Darinnen…“ Wie schön ist dieses freie Spiel mit Wasser, Sprache, Körper und dem Mit-Sein anderer.Ich spreche es unter Wasser und merke das Prätention viel zu viel Luft braucht, dann lasse ich meinen Körper ganz durch die Strömungen leiten. Ich treibe, strecke mich tauche. Dann kommt mir erst der Gedanke, dass man so eine Arena der Aus-und Eindrucksformen ja nicht für mich allein gebaut haben wird und ob ich wieder im Sinne des gestrigen Gesprächs überschieße oder zu zuvorkommend bin.Ich beschließe einfach gut für mich zu sorgen, ohne andere provokant auf ihre falschen Begrenzungen aufmerksam zu machen. Irgendetwas starkes sagt mir geht zu den Franzosen. Auf der Liege, deren Position, ich, ich kann und will nicht anders, nach dem Kriterium der sexuellen Attraktion ausgesucht habe, liegt eine Lesende. Jetzt wird es dann bald Zeit für das vernünftige Pferd und den Wagenlenker. Zunächst verhake ich mich in den verlockenden Anblick zweier sich gegenseitig aufdehnender Füße der Lesenden.Dann zeigt sich das sie mit einem Mann da ist, den ich fairer Weise als ihren Partner auffassen muss. Mein wildes Pferd ist aber noch immer auf den Hinterbeinen, ein junges Mädchen zwei Liegen weiter, hat sich gerade weggedreht. Für einen Unhold wäre jetzt der rechte Zeitpunkt das wehrlose Wesen zu bespannen. Das würde aber ihre Integrität verletzen und wenn ich eines beim Journalismus gelernt habe, dann, das die Wahrung der Integrität, des anderen, die er selbst wählen darf das oberste Gebot ist. Ich habe jetzt ein Bedürfnis. Essen ist ein Bedürfnis, genießen ist eine Kunst steht im „Sahnehäubchen“, der Cafeteria hier in der Vita Classica Terme.

DSC02774
Ein Brunnen in Engen im Hegau

Scharfe Zügel im Brodelofen des Pools

Der Eros, wie auch die Politik bedürfen mehr als vieles Andere des Wagenlenkers und des vernünftigen, muthaften Pferdes welches mit dem wilden Es in Verhandlungen zu treten vermag.Ich beschließe erstmal süß und schokoladig zu Essen. Mir ist gesagt worden selbst Mitgebrachtes zu konsumieren sei kein Problem. Ich genieße es sehr und niemand sagt etwas.Dann begegne ich Ulf, der nach der Sauna draußen im Regen liegt, er ist aus Schleswig Holstein, wohnt aber in Gaggenau in Nordbaden.Ich interviewe ihn zu seinen Erfahrungen mit Franzosen. „Die in Gaggenau nehmen gerne.“ Die im Elsaß sprächen ungern Englisch und rümpften die Nase wenn ein Deutscher kein Französisch spräche. Genau davor habe ich Angst ohne Sprache mein Lieblingswerkzeug und die notwendige materielle Gebefreude in Frankreich festzusitzen. Die anderen potentiellen Gesprächspartner darunter auch ein französisches Ehepaar von dessen weiblichem Part ich mich angezogen fühle müssen stets vorher zum nächsten Aufguss, wenn ich meinen Stift zücke.Die Franzosen hier scheinen aber aufgeschlossen zu sein und können Deutsch.Einmal nach der Sauna bleibt sie Frau noch länger sitzen, wir schauen uns etwas verlegen, aber eben auch erregt an, ich denke an die Bibel und an ihren Mann. Dann geht sie glücklicherweise. Wie sagt Jesus einmal sinngemäß, wenn eurer Auge oder eure rechte Hand zum Ärgernis für andere wird, reißt sie euch aus. Abends genieße ich nochmals den 30 Grad heißen Pool und ganz im Spiel aufgegangen, taxiert mich eine blonde Frau. Ich freue mich über das Angebot zum Spiel, das wie die Engländer dem Vorurteil nach sind, diskret aber intensiv ist. Ich strecke mich, erweitere die Kampfzone, freue mich der verschwommenen Unterwasseransichten. Inzwischen sind noch drei Franzosen dazugekommen, die intim miteinander sind. Die beiden großen und rassigen Frauen bilden nun einen weiteren Magnet in dem Brodelofen der Brünstigkeit. Meist ist es wichtig den Mann milde zu stimmen um die eigenen Avancen nicht zum Angriffsgrund für den Mann werden zu lassen. Es scheint alles glatt zu laufen. Doch als die drei den Pool verlassen, fehlt mir der Mut ihnen nach zu gehen. Und ich verweile in dem angenehmen Zustand, der nichts vermisst und die eigene Ladung in kleinen Pfeilen verströmen kann. „Solang du nach dem Glücke strebst, bist du nicht reif zu glücklich sein, und wäre alles Liebste dein, kommt mir da von Hesse. Abends eine halbe Stunde vor Schließung ist die Blonde noch immer im Pool, sie spricht mit einem anderen Engländer. Diskretion, denke ich, ach ja die Engländer, die sind mir noch ferner als die Franzosen und doch manchmal so unverschämt nahe.Nach der Schließung um Elf hat kein Campingplatz mehr offen. Mir war aber schon Mittags Silvio eingefallen zu dem will ich fahren um neben seinem Wohnwagen mein Zelt aufzuschlagen, im Modus der Selbstsorge.

DSC02691
Am nächsten Morgen rief mich wieder der Berg und die erste  Station am Blauen in Badenweiler war bei einem internationalen Damentennisturnier

Zwischen Entfaltung und Heimat

DSC02629
Norman(37) am Dorfbach der Vauban

Ein Gespräch auf dem Weg zum Schönberg

Wie „Dies ist eine Schule des Schreibens“ und „Jede Entscheidung kann bei veränderter Informationslage abgeändert werden”, kommt „Niemand sieht, wie gut sie hören“ nun mit in den Fundus meiner Leitsprüche auf der Reise. Der Spruch stand auf einer Broschüre für Hörgeräte, die auf ich auf der Schwelle zur Haustüre erblicke, bevor ich mich bei Riecke der Vermieterin von Robert verabschiede. Ich will noch ein Navigationsgerät kaufen und dann ab Richtung Frankreich.Komischerweise komme ich beim Haus der Hörgeschädigten, in der Nähe des Puffs in der Wiesentalstraße am Rande der Vauban zum stehen. Irgendetwas hält mich hier. Kinder werfen ein tolles Flugzeug in die Luft, auf dem T-Shirt des gerade Werfenden steht 100% Angriff.Ich laufe vorbei an der Studentensiedlung wo regenbogenfarbene Friedensflaggen und Schwarz-Weiß-Rote Antifabanner gehisst sind. Ich gerate auf einen schönen lichtdurchfluteten Naturpfad an dessen Ende eine Biene in einem sonnenbeschienen Brunnen havariert, ich rette sie. Die Szene wirkt wie das Gegenbild zu einer Anfangs des Sommers erlebten Szene. Ein besonders großer schwarzer Käfer lag auf einem Seitenweg am Blautopf auf dem Bauch. Als ich in auf die Beine stellte, offenbarten sich diese auch als gebrochen. Der Käfer schien zu leiden und es wurde mir immer klarer, dass ich ihm nur helfen konnte, wenn ich ihm Sterbehilfe leistete. Die Situation nahm mich voll ein. Nach langer Meditation und Abwägung half ich ihm nicht. Mit dem Argument: Jeder muss sein Leben und Sterben selber tragen. Die Entscheidung kommt mir gerade feige und kalt vor. Die Biene fliegen zu sehen, ist so ein erhebender Moment. Auch wie die Mutter mit ihren Kindern, die sie auf der Schaukelhängematte schon anschucken können, spielt ist schön. Sie hat keine Angst nur Freude, Friede und Vertrauen. Auch wenn sich die Frau auf dem vorbeifahrenden Fahrrad zweimal nach mir umdreht, als ich hier am Spielplatz schreibe, habe ich das Gefühl das ich da sein darf, ja dazugehöre.Jetzt habe ich Lust auf ein Eis, ich bewege mich Richtung Limette, so heißt die Eisdiele hier. Von dem schönen französischen Namen geblendet, hole ich mir ein Eis Marke Caramel Fleur de Sel. Es schmeckt nicht besonders gut, aber die Idee mit dem Salz gefällt mir. Ich setze mich unter die prächtige Platane vor dem Restaurant Süden. Hier schreibe ich von der Besitzerin des Frauensecondhandlandens Poemseconds, gegenüber der Eisdiele, die mir auf die Frage was gerade Mode sei antwortet: „Hier ist nicht Mode was der H&M sagt, sondern hier wird verkauft was die Leute wollen und bringen, hier sind alle Farben gefragt.“

Heimat ohne Grenzübertritt und Unterordnung

Während dessen verkommt mir ein alter Bekannter. Norman, ich springe auf und halte ihn an. Er meint: „Gerade habe ich gedacht da sitzt ein Reisender und schreibt etwas.“ Ich eröffne ihm wie glücklich ich bin ihn als wasch echten SUSI-Bewohner zu treffen, denn ich mache gerade eine Schreibereise. Ich muss aber noch das Navigationsgerät holen bevor der Laden zu macht und Norman will noch drummen. Wir vertagen uns auf 18.30 Uhr bei der Limette. Welche Freude Nalini, Normans langjährige Freundin und Hanna, ihre Busenfreundin und noch eine herzige Spanierin lecken auch an ihren Eistüten. Wir haben uns 2 Jahre nicht gesehen. Mittlerweile haben Nalini und Norman geheiratet, Hanna war Trauzeugin und sind danach ein Jahr lang auf Weltreise gegangen. Die drei Mädels sind zum Meditieren verabredet, Norman und ich begeben und auf eine Wanderung Richtung Schönberg. Letztes Mal war Norman im Spannungsverhältnis von „Es muss das Herz bei jedem Lebensrufe, bereit zum Abschied sein und Neubeginne…“ aus den Stufen von Hesse und den „Mühen der Ebene“ von Brecht. Norman hat auch seine Ausbildung zum jungianischen Psychotherapeuten abgeschlossen und arbeitet in dieser Rolle. Während der Weltreise habe sich immer mehr die Haut der Psychologie und Reinigungsphase von 25 bis 36 aufgeschält. Von 16-25 habe er sich viel mit Musik(Gitarre und Schlagzeug) beschäftigt, in den folgenden 11 Jahren kaum noch. Das sei jetzt zurückgekommen. „Ich habe auf meinem Computer 700 Gitarrenfiles wiedergefunden, die ich jetzt auf Songtauglichkeit teste, meint der lockige Mann, der jetzt im Herbst wieder anfängt Philosophie zu studieren. Dann lenkt sich der Ball zu mir. Irgendwie habe ich einen Draht zu Norman, der halb Italiener ist, und ich erzähle Intimes. Letztes Jahr sei ich nach einer langen Reise ziemlich abgestürzt und hätte danach zwei Jobs verloren, weil ich Grenzen übertreten und Abmachungen nicht eingehalten habe.

DSC02634
Die Bank am Schönberg könnte fast schon als Kautsch durchgehen; unbequemer halt

Die lange Reise in die Welt der Millimeter

Entlang des Dorfbaches erzählt er mir arauf von seinem Religionslehrer der auch das Talent hatte mit seinem „Hufen“ dahin zu schlagen wo es anderen richtig weh tut.Ich erzähle ihm von der 3-Körperlehre(Trikaya) im Mahayana-Buddhismus und dass ich mich abends immer auf die drei Körper besinne, wobei alle dadurch zusammengehalten sind, dass sie von der Erleuchtung durchdrungen sind. Mein Problem mit Grenzüberschreitung und dem Aufschieben von Bedürfnissen könne er besser im Bild des Wagenlenkers für die platonische Ansicht der Seelenteile verstehen, da er die buddhistische Ansicht nicht kenne. Jetzt tut sich mir ein Teil des Schönberges auf, den ich nicht kenne, in der Mitte des Hanges liegt eine geräumige Bank, die wir ansteuern. Bei Platon gebe es den Epithymetikon, das wilde Pferd. Den Thymoeides, das vernünftige Pferd, und den Logistikon, den Verstand, den Wagenlenker. Man könne die drei auch als das freudsche Es, das Ich und das Über-Ich bezeichnen.Nur habe Freud in seinem Konzept des Über-Ichs als Moderner, die Dimension der Spiritualität in Platons Logistikon getilgt. Wenn das wilde Pferd zu stark sei, dann überspanne man den Bogen und Verhältnisse zerbrächen. Genauso, wenn der Wagenlenker zu stark und unterdrückend sei. Es gehe darum das das vernünftige Pferd eine Beziehung zum wilden Pferd aufnehme, das auch einmal Pfeile abgeschossen würden, bevor das wilde Pferd durchgeht. Hier gehe es um ein Gleichgewicht zwischen den beteiligten Seelenteilen. Wir sind angekommen, unmittelbar beim Wein, sehen wir auf das bemerkenswerte kleine Dorf Vauban. Die drei Seelenanteile zu harmonisieren, sei der Weg. „Es gibt keinen kurzen Weg zur Veredelung der Seele, nimm die Kränkung des langen Weges an, meint Norman einfühlsam. Selbstwert damit stabilisieren zu wollen, etwas Bedeutendes für die Polis, also die politische Gemeinschaft zu tun, sei eine heroische Aufgabe, die Jesus und Cäsar geschafft hätten, es gäbe aber einen Grund warum historische Figuren nicht erneut aufträten.Solche Quellen für Selbstwert anzapfen zu wollen, machten abhängig von Grenzübertritt. Es gehe nicht um die Illusion einer großen Veränderung sondern darum in die Welt der Millimeter einzuwandern und aus der Welt der Kilometer aus. „Es geht darum einen Supertanker um zwei grad zu drehen. Und dann zu warten, lange warten zu können. Die Welt der Kilometer ist die Welt der politischen und philosophischen Theorien, die Welt der Kognition, der Distanzierung eigener Berührtheit. Die Welt der Milimeter ist die Welt der Ehrlichkeit, der Beziehung der Verletzlichkeit.“ Die Erde sei an einem ganz bestimmten Ort im Universum, nicht zu nah und nicht zu fern von der Sonne, deshalb gebe es hier Leben. Es geht um die Integration von Nähe und Distanz.Man muss kein Held sein, darf sich auch schützen. Auch der Künstler, wenn er vernünftig ist hat seinen Backstagebereich. „Wenn man heldenhaft, handelt, dann muss man wie du letztes Jahr, aufpassen, dass man nicht auf dem Scheiterhaufen landet. Du handelst aus Liebe, gut, aber liebe ist auch ein Meter.“ Mindestens, meine ich lachend. Welche Liebe? Welche Färbung, welchen Geschmack hat sie?“ Und was ist dann Heimat, Auf das Herz hören oder sich in den Ebenen mühen, frage ich? „Heimat ist da wo man nicht dienen und nicht überschießen muss,da wo man keine Grenzen überschreiten muss: Entfaltung und Halt.“ Es war schon Nacht geworden und ich war müde so das Norman mich bei sich in der SUSI schlafen lies.

DSC02615
Einer von vielen Lichtblicken an diesem Tag in der Vauban

Wir wohnen nicht

DSC02583
David nach dem gemeinsamen Abendmahl, Nancy zwar die Oliven aber nicht aufs Bild,

Die Vauban als möglicher Endschauplatz einer langen Reise ohne Geld

 

Mit dem Abholen meiner Medikamente habe ich die Selbstsorgetätigkeiten für heute erstmal abgeschlossen. Ein Mädchen sitzt vor der Bank, ich schaue mich um, ein Typ spricht mich wegen meiner Kamera an. Eigentlich gieße er überdimensionale Legosteine aus Beton, die zum Beispiel als Abwehr gegen Terroranschläge in Städten Verwendung fänden. Das sei ein Job der seinen finanziellen Zweck erfülle. „Ich fotografiere schon seit vier Jahren und habe das Zeug online gestellt“, meint er. Er hofft damit Geld zu verdienen, kennen einen Werbedrucker. „Aber Erfolg oder nicht ich werde trotzdem bis zum Ende meines Lebens weiter fotografieren.“ Dann beendet er das Gespräch abrupt, mit der Ausrede er habe jetzt ein privates Gespräch mit seinem Homi. Dann läuft ein ätherisch wirkender Blondschopf Oberkörper frei mit einem Engelsflügel auf die linke Schulter tätowiert durchs Bild. Ein Flügel, was für eine Symbolik. Vielleicht hat er vor der „Bestechung“ an den Ausspruch gedacht, der sinngemäß so geht: „Wir sind alle Engel mit nur einem Flügel, wir können nur Fliegen wenn wir uns umarmen.“ Vor der Bank links von der Apotheke sitzt ein Mädchen auf dem Boden und scheint mit einer beschriebenen Pappe nach Geld zu fragen. Ich denke an den Medienaktivisten von Cine Rebelde, der meinte damals Ende der 90er Jahre folgte die Solidarisierung der Kämpfe der Indigenen auf die großen Gipfel des globalen Finanzkapitals.Meine Blicke verfangen in ihre.Wir beide scheinen wie aus der Alltagszeit Gefallene, die nicht wie wild mit Foto in der Hand beginnen, die Sehenswürdigkeiten abzuhaken.Mir kommt das Gespräch mit Robert, selber Pantheist, über Eros und Sexus in den Sinn. Sexus sei das notwendige Einfallstor um das Spielfeld des Eros zu eröffnen, nicht aber hinreichend für Beziehung. Es brauche Zärtlichkeit, Risikobereitschaft und Wille um zu einer wechselseitigen Beziehung zu führen.Das Mädchen scheint meine Blicke zu erwidern. Jetzt ist es aber meine Angst vor der Courage, welche mich wegschauen lässt. Dann steht sie plötzlich auf und setzt sich zu einen schönen und krass tätowierten Farbigen.Meine Angst neigt sich Richtung konkreter Furcht.Ich fühle mich wie an der Angel, die ich gerade noch ausgeworfen hatte. Die Anspannung entspannt sich etwas als sie wiederum den Platz verlässt. Nun setze ich mich etwas zur Meditation hin. Ich bin mir sicher, dass er Franzose ist, mein Ideal von Eros und Thanatos ist, das ich ihn kennenlerne und wir gemeinsam eine gute Zeit haben. Der nun einsetzende Sprühregen gibt uns beiden ein unverfängliches Argument unter das Vordach zu gehen, ich setze mich von der Meditation gestärkt neben ihn hin.

DSC02444
Das Kunstwerk vom Schlossstüble auf Schloss Mochental gewann beim einsetzenden Regen in dieser Konstellation an konkretem Sinn

Mit Jesus bis ans Ende der Welt

Ich grüße ihn, er heißt David(43) und es wird schnell klar, dass er einiges zu erzählen hat. Er und seine Freundin Nancy(28) hatten im Februar beschlossen auszusteigen. Beide glauben an Jesus Christus und sie wollen einen Weg mit den Gesetzen der Bergpredigt und dem Nazarener gehen, hätten aber schnell gemerkt, dass dies in der normalen Welt nicht gehe. Nancy habe schon immer davon geträumt in den Urwald zu den Indigenen zu gehen. David fühlte sich als Kind eines GI, den er nie kennengelernt hat und einer Litauerin im Kalten Krieg aufgewachsen immer als der Außenseiter schlechthin.Er sehnt sich nach der Wüste. Die Schnittmenge der beiden sich Liebenden war dann nach La Gomera, auf eine der kanarischen Inseln zu fahren um dort auszusteigen. Neben Kathmandu und Goa gehört das Vale Gran Rey seit den 70 er Jahren zu den beliebtesten Orten für Aussteiger und Hippies. Schnell wurde den beiden auf La Gomera aber laut David klar, auch im scheinbaren Paradies tobt ein Krieg. Der atemberaubenden Terassenlandschaft, wo Meer und alpine Berge in wilden Kontrasten aufeinanderprallen ist ökonomisch durch eine scharfe Linie getrennt von „den Prunkbunkern der Touris in San Sebastian.“ In San Sebastian sei alles auf die Wellness der zahlenden Touristen zugeschnitten im Landesinneren bei den Indigenen sehe man kaputte Straßen, Armut und tote Tiere auf der Straße.Die Hippies hätten in Höhlen gelebt, wo sie bei Unwetter hinaus gespült worden seien. Die Lebensqualität in diesen scheinbaren antikapitalistischen Paradies sei so schlecht gewesen, dass sie nach La Palma geflüchtet seien. Nach El Hiero, der Insel am Ende der Welt. An diesem westlichsten Ort Europas, wo nur vergleichsweise wenige Menschen wohnen sind dann aber Zelt und Rucksack verschwunden. „Wir hatten nichts mehr, nur noch was wir am Leib trugen.“ Die 90 % deutschen Touristen, an denen David kein gutes Haar lässt, sind den beiden wohl doch hilfreich geworden. Als Abnehmer nämlich von den Muscheln nach denen das Liebespaar tauchte. Der Plan ein Ticket nach Sevilla erarbeiten und von dort aus ohne Geld zuück nach Deutschland laufen, wo Nancies Tochter auf sie wartete. Der Weg durch Andalusien sei beschwerlich gewesen, die Kalima´s, die Sandstürme hätten manchmal das Weiterlaufen verhindert. Irgendwann seien die Schuhe durchgelaufen gewesen, dann musste es auch ohne Schuhe weitergehen.Eine Rückblende, David, der noch immer alleine erzählt. Habe 2007 Schluss machen wollen, dreimal hätten aber Freunde von ihm gerade an dem Tag Abschiedgefeiert, so das er sein Ticket zum Abflug von der 140 Meter hohen Autobahnbrücke in Neustadt nicht einlösen konnte. Das begegnete ihm Gott nach all seinem Scheißleben im Heim als Neger, der er als Halbblut auch nicht einmal war.

DSC02679
Die aus Freiburg im Mittelalter vertriebenen Juden hatten es in Sulzburg gut. Nur das Camping am alten Sägewerk wird nun von der Forstwirtschaft in seiner Existenz bedroht

Die Welt ohne Ende

Nach dem er dauernd Dingen nachgelaufen war, die es nicht mehr gebe, wie seiner Kindheit und dann nach dem anscheinend verhinderten Selbstmord. „Ich wusste, dass man Gott nur ganz offen und ehrlich begegnen kann und der Panzer der mein Leben gefangen hielt viel ab. Ich sah zum ersten mal einen Vogel, eine Blume. Er fuhr zu einer Freundin in Hamburg, erhabe in Hamburg Schulterblatt Platte gemacht und eine Straßenzeitung verkauft. „Die Christen dort mussten sich zweimal überlegen ob sie christlich genug waren um einen Christen aufzunehmen, sagt er in einer emotionalen Mischung zwischen Ironie und Wut. „Die Bergpredigt reicht vollkommen, wenn die Leute die Bibel verstünden, gäbe es keine Kirchen mehr“, meint David prophetisch.Das Peace of love-Getue und die gefluteten Höhlen ist ihm gut in Erinnerung geblieben. Bei den heftigen Regengüssen hatten sich die Gesteinsmassen aufgeweicht und es flogen riesige Brocken in Richtung Tal, wo die Hippies wohnten.Auch werde in Spanien der ganze Abort der Touristen eins zu eins ins Meer geleitet. Andererseits habe Nancy einmal 40 Euro in den Reihen der Besatzung eines des anlandenden Kreuzfahrtschiffes Aida erschnorrt. Dann kommt Nancy und meint: „Die einzige Antwort auf Kapitalismus ist Gott.“Sie erzählt von Geisterstädten ohne Dachmöglichkeit bei Kalima, das es schöne Begegnungen und Landschaften gegeben habe, dass sie aber nie mehr reisen wolle, wenn alleine sie für den Erwerb der Nahrung verantwortlich sein müsse. Die beiden kennen sich jetzt seit eineinhalb Jahren, einen Monat und einen Tag ging ihre Wanderung. Jetzt suchen sie seit einem Monat ohne Erfolg eine Wohnung in Freiburg. David will weiterhin in Bewegung bleiben, die 24 Jährige will für ihr Kind hier in Freiburg da sein. Auch David hat schon hier gewohnt und er hat sich immer zu helfen gewusst um Geld zu verdienen, er hat zum Beispiel eine Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann gemacht.Auch der charismatische David und seine kraftvolle Freundin sind vielleicht Engel mit einem Flügel. Am Ende des Abends läuft jedenfalls der ätherische Blondschopf mit dem einen Flügel nochmals durchs Bild, jetzt hat er ein T-Shirt mit einem Vogel drauf an, ich vermute er wohnt hier.

DSC02585
Zitat des Nachfolgers des aus Herrschaftsmüdigkeit abgedankten tibetischen Staatschefs dem XIV. Dalai Lama

Die Reise als Schule des Schreibens

DSC02611
Der Süden ist das zentrale Restaurant in der Vauban, wie noch in einem anderen Haus gegenüber sind hier Gemeinschaftsräume eingerichtet in denen von Joga bis Bandproben allesmögliche stattfindet

Die Vauban als Ort der Reifung

Gestern war ein Tag des ruhigen Innewohnens und Schreibens.Der heutige Tag beginnt mit einem Schock, die Reihe von Missverständnissen mit meinem Arbeitgeber beim Zeitungsaustragen scheint sich fortzusetzen. Meine Mutter meint in ihrer resoluten Art, die Zeitungen sind vor der Tür komm bis Mittag zurück und trag sie aus. Ich telefoniere mit dem Chef und der gibt Entwarnung. Wohl aus Gewohnheit wurden die Zeitungen zu mir geliefert, er veranlasse, dass sie ausgetragen würden. Mich an die Herberge oder den See erinnernd, die alle Einflüsse gastfreundlich willkommen heißen, habe ich die Klippen für die Schule des Schreibens umschifft. Bei meiner letzten Reise mit dem Initial einer spirituellen Arbeitswoche war ich vier Wochen unterwegs und habe bis jetzt nichts aufgeschrieben. Der Unterschied war im Nachhinein betrachtet, dass ich keine Freiräume gelassen hatte/lassen konnte, um zu verarbeiten und über das dokumentieren hinaus zu konzipieren und zu schreiben. Ich habe dieser Reise auch keine geplanten Grenzen gesetzt und sie ist deshalb an den Rändern zerfasert, hat meinen Körper durch oftmaliges im Auto schlafen mehr und mehr erschöpft. Folgen des Unabhängigkeitsstrebens, des Stolzes und der Armut, die es nicht gut genug versteht, mit ihren andersartigen Gefühlsintensitäten und Zeiträumen, eine Gabe an die materiell Reichen zu sein. Heute ist ein Tag an dem ich erst einmal die Voraussetzungen schaffe um gut beobachten zu können, weltwach zu sein. Ich kaufe Saft um ihn in meiner Trinkflasche mit Wasser zu mischen, Medikamente und Deo, einen Block bekomme ich von Rieke, der Vermieterin von Robert. Nur ein Brot brauche ich noch auf dem Weg zum Alnatura rast ein Sufi, an seinem Turban mit grüner Spitze erkenntlich auf dem Fahrrad über die rote um schnell noch auf die andere Seite zu gelangen. Beim Brot bin ich wählerisch, weil es für das mobile Sein weder zu groß noch zu klein sein darf, ich finde beim Alnatura ein ein Kilogramm Roggenhaferbrot und einen Granatapfel Deoroller von Weleda, an den falschen Stellen zu sparen kann erfahrungsgemäß sehr unangenehm werden.Nach dem ich von der Linde auf dem Spielplatz angezogen frühstücke, fühle ich mich zwar schon etwas beobachtet, aber das werden die anderen ja auch.

DSC02608
Ausgedehnte und urige Spiellandschaften ziehen sich durch die Vauban, so wie das idyllische kleine Flüsschen an dem man Natur wie sonst nur außerhalb der Stadt genießen kann

 

Wir sind die Treibenden

Das man immer an der Grenze ist, wo einiges ausbrechen und umschlagen kann, dass gehört zu den Ambivalenzen des Extremen. Und die SUSI, ja die ganze Vauban war ja aus Sicht der damaligen Norm auch ein Extrem. Heute ruhen diese tollen Spielplätze und Anlagen auf einer Kultur die als eine immer noch treibende Tradition unverstellter Natürlichkeit sprießt. Auf einem abgelaufenen Plakat einer Veranstaltung steht: Leise Generäle befehlen Poesie. Ich gehe wieder zur SUSI, sie hat etwas magisches und doch abweisendes zugleich. Unbekannte mit bekannten Gesichtern, gesunde schöne Mütter und Bekannte die mich vergessen zu haben scheinen bevölkern das Spielplatzschiff. Neben dem steht ,in von Schlingpflanzen umgürteten Stahlbenzinkanister geschnitten: Fünfundzwanzig Jahre SUSI. Ein Mädchen biegt mit einem Transporter in den Parkplatz ein und übersieht einen Autoanhänger der dort geparkt ist. Sie fährt auf ihn auf, ich mache sie darauf aufmerksam und bewege den ungesicherten Anhänger etwas nach vorn, so das sie reinkommt.Das Mädchen bleibt heiterer Stimmung, gerade weil der ungesicherte Anhänger nachgegeben hat, scheint nichts passiert zu sein. Als ich das Karrenfett an meinen Fingern sehe und schmecke, fühle ich mich deutlich näher am Spirit der Wägler, der viel mit selber machen, Gelassenheit und Solidarität zu tun haben scheint.Ein Blatt fällt auf meinen Block, während ich sein letztes Blatt beschreibe. Zeit durchzuatmen, Augen zu und durchatmen.Es ist gerade Mittag und immer wenn ich drohe bitter zu werden weil ich glaube etwas zu verpassen sage ich mir mindestens die erste Strophe des Sonettes 22 an Orpheus von Rainer Maria Rilke vor: „Wir sind die Treibenden. Aber den Schritt der Zeit, nehmt ihn als Kleinigkeit im immer Bleibenden.“

DSC02616
Trotzdem lebt der kleinste Stadtteil Freiburgs, der offiziell zu St.Georgen gehört vom Reisen, den Kontakten und Lebensformen, die dadurch evoziert werden

Auf den Spuren der Leidenschaft

DSC02573

Freiburg: Die Vauban als Spiegel der Vergangenheit

Der Abend eines ereignisreichen Tages mit Besuch auf Schloss Mochental und den Begegnungen mit Jugendlichen in Riedlingen und Messkirch, verlangte nach Speed. Vorbei an Tuttlingen mit seinen gigantischen medizintechnischen Gebäudekomplexen von Aesculap, Immendingen und Engen, wo eine engelhaft schöne Bekannte aus Studienzeiten herstammt und dann schnurstracks vorbei an den Schluchten bis in die traute Wiehre, wo ich einst lange gewohnt habe. Darüber zu meinem Gastgeber Robert in Merzhausen, welches streng genommen Freiburg gegenüber eigenständig ist. Eine schöne Rückblende in die Zeiten der sozialen Kämpfe bot ein Feature im anarchistischen freiburger Radio-Dreieckland,welches die Entstehungsgschichte, des nach den G 20-Unruhen verbotenen, Mediennetzwerks Indymedia links unten erzählte. Ich kenne den Medienaktivisten von Cine Rebelde, der in Zeiten entführte als auf Camps gegen die Weltfinanzordnung von 600 Leuten 5-7 Handies im Umlauf waren. Alte Erinnerungen stiegen hoch. Die Musik eines englischen Liedermachers in der Pause geht tief rein: „…and we kissed behind the barricades.” Das erste Indymedia-Center wurde für die Mobilisierungen zum G-8 Gipfel in Seattle 1999 aufgebaut. Und als von den Sicherheitskräften unerwartet Tausende die Innenstadt Seattles belagerten musste der Gipfel abgesagt werden. Eine der größten Legenden im linksautonomen Lager nahm ihren Anfang. Es wurde jeden Tag ein Newspaper in Seattle rausgebracht und die Bewegungen und Kämpfe begannen sich über Kontinente hinweg zu vernetzen. Nicht zuletzt über Indymedia. Was der Herr von Cine Rebelde sagt kann ich auch unterschreiben. „Wir arbeiteten danach zusammen weil wir an die Konvergenz der Kämpfe glaubten, auf dem Gipfel in Prag im Jahre 2000, gab es auch schon einzelne, die den Journalismus zu ihrem Ding gemacht hatten, und so um die Welt zogen. Alle Fotoleute hielen damals auf dem zentralen Platz in Prag ihre Kameras hoch. Auch damals war das Motto von Indymedia: Don´t hate the media, be the media.” Scharfe Schnitte heilen besser, hat mir mein altersweiser Gastgeber in Freiburg gesagt und eines ist klar und in den Worten des Videoaktivisten: „Bewegungen müssen Spuren der Leidenschaft hinterlassen.“

DSC02571
Ein Stromkasten nahe dem Platz wo früher das Kommando Rhino siedelte

Spuren statt spuren

Freiburg, hier habe ich von 2006-2010 studiert und danach bis 2014 gewohnt. Hier habe ich teils meine ganze Leidenschaft in die Politik und das Verstehen, oder war es nur Theoretisieren gesteckt. Hier war ich meiner großen Liebe und dem Krieg als heimlichem Antrieb aller gesellschaftlichen Auseinandersetzungen auf der Spur. Hier liegen viele Spuren meiner Leidenschaft, auf dem Weg in die Vauban sichte ich den weißen VW-Bus meiner Ex-Freundin, beim Putzen erzählt eine Frau begeistert, wie gut ihr Kaffee schmeckt, wenn sie ihn kalt ansetzt. Freiburg, die Stadt der Begegnung der Länder, der Universität, der Ökobewegung und die Vauban als Stadtutopie als ihr Brennglas. Das Zentrum der Vauban mit ihren 5631 Bewohnern in den 90 er Jahren konzipiert, steht wie als ob sich die radikalen Pole doch im Herzen treffen würden auf der 1937 nach dem nationalsozialistischen Märtyrer Albert Leo Schlageter benannten, Kaserne. Diese wurde von den französischen Besatzungstruppen, die nach dem zweiten Weltkrieg nach Freiburg kamen, nach dem französischen Festungsbauer Sebastian Vauban umbenannt. Die Vauban, dass war für mich auch der Kampf um die experimentelle Wohnform der Wagenplätze. Um Frieden, Harmonie und Lebendigkeit, wie sie frei aus dem Inneren strömt. Jeweils anders. Um Kommando Rhino, von dem immer noch Wägen auf dem Gebiet der SUSI, der seit 1993 zur Vauban gehörenden selbstorganisierten unabhängigen Siedlungsinitiative, stehen. Zu den um die 300 Leuten gehören auch Bau- und Wohnwägen zwischen den Häusern. Das Kommando Rhino musste 2013 dem fünfstöckigen Green City Hotel weichen, die Wägen der Rhinos wurden eine lange Weile kostenpflichtig von der Stadt beschlagnahmt. 2014, ein Jahr später konnte ich mir, nach langer Suche in Freiburg nichts mehr leisten. In der Tradition der mobilen Wohnformen habe ich dann noch einige Monate im Zelt gewohnt. Bis es dann zu kalt wurde und ich ins Mutter-Haus auf der Schwäbischen Alb flüchten musste, mein jetziger Gastgeber war Fluchthelfer.

Wohnen in Bewegung

Gerade ist übrigens ein Zustand gegeben, der meinem Naturell entspricht. Ich nehme den Tag über, manchmal auch bin in die Nacht Szenen, Kleidungsstile, Menschen und ihre Geschichten auf, abends habe ich dann einen Erholungsraum und tags darauf kann ich meine Erfahrungen, Aufschriebe und Bilder dank der Informationsquelle des Internets in einen allerseits verstehbaren Rahmen binden. Dieses Verhältnis von Ruhe und Kreativität, lässt bei mir einen Flowzustand entstehen, in dem ich arbeiten kann. Viele Arbeitsformen, welche nur auf Arbeit und Erzeugung ausgelegt sind lassen meinen inneren Schöpfer verkümmern, ja wiegeln in zum Aufstand auf. Wie war das noch? „Leben ist das lange Ausatmen der Vergangenheit, und das tiefe Einatmen der Gegenwart um genug Luft für die Zukunft zu haben. Und etwas, was ich in der fliegenden Freiburger Zeit noch nicht verstanden hatte, entspringt aus einem Gespräch über die Parallelen der Lehren Sri Aurbindos und C.G Jungs. „Man kann nur so weit nach oben, wie man in die unteren Bereiche eingedrungen ist.“ Heute abend ist das erste mal was durch das Facebook zustande gekommen, mein alter Singkreis vom Seminarhaus am Schönberg, das mittlerweile zugemacht hat, trifft sich jetzt in einer Arztpraxis in der Vauban.

DSC02577
Rohe Romantik von botschaftlichen Brennstoffbehältern und darunter französisches Familienfrühstück, eine der vielen Ansichten der Susi

Stille, Klang und Stift auf Papier

Ungefähr 15 meist ältere Leute versammeln sich um die Gitarre von Ananda, der den Singkreis gewöhnlich gemeinsam mit Sky macht, der heute auf der Insel weilt. Die Lieder sind meist aus demKosmos des indischen Pantheons. Das erste Mantra ist für Sarasvati, die Blaue, die Fließende und mit ihrem Mantra beginnt die Einstimmung der Anwesenden auf den gemeinsamen Klang.Danach kommt ein Mantra für Shiva. Shiva der männliche Gott und Sarasvati, die für das weiblich Prinzip stehen, sind nach dem schönen Gesang beide im Raum. Dann liest Ananda das Gedicht „die Herberge“ von dem orientalischen Mystiker Rumi vor. Darin geht es darum, dass man alle Einflüsse, die auf einen zukommen willkommene wie unwillkommene mit offenem Herzen aufnehmen soll.Nach dem letzten Wort erklingt in meinem Ohr das schöne Geräusch von Bleistift auf Papier. Hinter mir ist eine weitere, um einiges fleißigere Mitschreiberin. Nach und nach werden die Sängerinnen und Sänger gelöster ein indisch aussehender junger Mann steht auf und klatscht extatisch beim Krishna-Mantra. Mein Freund, der mich via FB hergelotst hat spielt übrigens Trommel. Auf dem Zenit der Stimmung werden die Lieder immer einfacher und tiefer. Zum Schluss ist es ein bisschen so als ob die Menschen sich hier wie eine Sonne erhitzt haben um nun hinauszustrahlen über diesen bemerkenswerten Stadtteil Vauban hinaus. Nach dem Singkreis bekommt Silvio, ein Freund von Krishna, mit dem ich über Fotografie spreche unser Gespräch mit und bietet mir ein Stativ an. So ein Moment des Wissens um Synchronizität stellt sich ein. Ich fahre ihn nach Mengen wo er beim Biolandgärtner arbeitet. Wir sprechen über De-Pression und Ent-täuschung. Er geht die Dinge ethymologisch an und hat tiefe blaue Augen, wir verstehen uns.Er erzählt das er mit seinem Sohn zusammen in zwei Bauwägen wohnt. Er gibt mir einen gecontainerten Smoothie. Also einen aus dem Müll geretteten.Und versorgt mich mit unverkäuflichen Kartoffeln,Pastinaken und Maiskolben. Der Mais mündet vorzüglich in meinen Mund. Ach was wir früher containert haben, schöne Zeiten. Schwer vermittelbar. Ich fahre Heim. Ein schöner Tag.

DSC02623
Eine SUSI-Ansicht vom Spielplatz der Vauban aus gesehen

 

 

By the B 311: Barri ante portas

Gut gerochen sein auf Schloss Mochental

Die Präposition:Es war ungefähr 11 Uhr, lange war ich noch verharrt, an der kleinen Kapelle auf der Anhöhe beim richtungsweisenden Guten Hirten über Hütten. Zurück lief mein Geist zum Aufwachen am Badesee in Ludwigsfeld am Vortag, die Stille, um die 6 Uhr herum und die Kreise die sich, ganz Auge, in den See meines Bewusstseins zogen. Dies ist eine Schule des Schreibens, hallte es da von meinem gestrigen Gespräch beim ehemaligen Barfüßer unter dem Münster in Ulm wieder, und jede Entscheidung, wenn sie getroffen ist, kann sich mit neuen Informationen ändern. Aber wie Sonne und Mond sich nur in einem klaren See spiegeln können, so vermag sich Gott-der Schöpfer- nicht in einem Bewusstsein zu spiegeln, welches von der Idee des „ich und mein“ getrübt ist, eine indische Weisheit. Manchmal rutschen Dinge ineinander, gerade wenn man durch Unentschiedenheit für sämtliche Einfälle geöffnet wir und es entsteht eine Synthese.Von vielen Einflüssen gespeist und durch die ruhige und zugleich überlaufende „Schale“ des Sees entspringt ein Fluss, eine Kraftlinie, eine Richtung, die einen gehen macht- Meine Synthese ist hier, offen zu sein für die Begrenztheit der eigenen Ressourcen; mit dem alten Generalfeldmarschall von Moltke gesprochen: „Man kann einen Krieg nur bis zu seinem Anfang planen.“ Und andererseits offen für die scheinbare Unendlichkeit in einer Verbundenheit mit dem in Ruhe Einflüsse ansammelnden See des Bewusstseins, das von größeren Kreisen anregend durchzogen ist. In meinem Zwischenziel, das auch ein Hauptziel zu werden vermöchte, steht ein Satz auf einem französischen Gymnasium, der auch von Moltke, diesem Kriegerdichter, zugeschrieben wird: „Erst wäge, dann wage.“Als ich die Augen öffne, weiß ich das ich mit diesen Haltungen zur Reise, und meinem Neuen Testament in der Tasche nicht fehlgehen kann, auch wenn meine Ängste, beispielsweise im Angesicht der Komplexität der Planungen ohne Navigationsgerät in Frankreich zu fahren groß sind. Genauso mein e Gedanken zu den Kosten. Eigentlich reizt es mich ja immer so billig wie möglich davon zu kommen, Mautgebühren und private Autobahnen hält etwas Mächtiges in mir für ein Verbrechen. Genauso weiß ich aber, dass es das Geben ist, das den Gabentausch eröffnet und das habe ich von einem Bauern auf dem Markt in der Freiburger Wiehre gelernt, der mich genau einen Tag ausprobiert hat. Ich fahre also los in Anbetracht der Bibel denke ich: „Triffst du Buddha auf dem Weg, dann töte ihn.“ Mein virtueller Reisebegleiter ist Andreas Altmann, der ein Buch über die spirituelle Reise geschrieben hat, welches auf diesem buddhistischen Ausspruch beruht.„Kill your idols“, darin ist die fein schreibende atheistische Leseratte ein gutes Vorbild.Altmann ist ein Gigant der Feder und der Reise, ich bin ihm einmal begegnet und er hat mir empfohlen sein Buch das „Scheißleben meines Vaters, das Scheißleben meiner Mutter und meine eigene Scheißjugend“ zu lesen. Ich habe angefangen, es ist mir aber im Hals stecken geblieben, weil ich noch nie so etwas schonungslos negatives gelesen habe. Danke Andreas, aber wie sagte mein kluger Schulfreund unter dem Münster beim Guinness „Wenn du eine fette Portion Schnitzel mit Pommes ist, dann schiebst du sie dir auch nicht ganz rein, nein du isst sie Bissen für Bissen.“

Mit Biss bis Schloss Mochental

Noch nie bin ich auf meinem Weg auf der B 311 durch Ehingen durchgefahren, Ehingen ist aber by the way berichtet, eine Stadt des Genusses, noch heute gibt es dort mindestens fünf selbstgebräute Biere. Ehingen ist aber auch eine Stadt der Integration von geistig und psychisch Behinderten Menschen. Es gibt dort beispielsweise eine Tagungsstätte der Bruderhausdiakonie und einen Ableger der von der Gruppe der Normalisierten sprichwörtlich verschrienen Psychiatrie Schussenried. Wie im unfernen Munderkingen spricht einen eine mittelalterliche Innenstadt an, so fern man sich ansprechen lässt. Und wem es zu heiß wird der hängt die Füße in den gut bewirteten Groggensee oder fährt nach Rottenacker an den tollen eintrittsfreien Badesee.Nur acht Minuten von Ehingen auf der B 311, nutzt der buddhistisch in Stille gepackte Betonerfahrer die Abfahrt zum Schloss Mochenteil. Wie selten sonst, bin ich bestens in der Zeit und der Raum, der sich entlang von gülleduftigen Wiesen hochschraubt auf die Schlössern oft zu eigene Exponiertheit, poliert Augen und vertieft die Körperbelüftung. Ich parke ohne die üblichen städtischen Parkplatzfindungsprozesse. Es duftet immer noch, eine dicke Kuh nickt mir über den Zaun zu, oder versucht sie außerhalb der Schwanzreichweite die Mücken in ihrem Gesicht zu beseitigen. Ich interpretiere, wir mögen uns. Das barocke zweiflüglige Schloss, ist bemerkenswert, weil links ein altes Tor offen steht aus dem die Schnauze eines Traktors lugt. Die Bänke, die noch nicht vom Regen am Morgen abgewischt sind, deuten auf eine Gastwirtschaft hin. Als ich das Tor des Schlosses, den anhaltenden dunghaften Ruch genießend, durchquere, bewegt sich von rechts etwas auf mich zu. So als ob es hier wohnen würde. Es ist braun-weiß und so groß, das Angst in mir aufkommt, denn Krieg kann man nur bis zum Anfang planen. Ich beschließe mich zu ergeben, wie eine Freundin mir gesagt hat muss man Hunden die Hand vorsichtig hinstrecken. Es ist ein Bernhardiner, ich habe schon lange keinen so großen Hund mehr gesehen. Und jetzt schmiegt er sich um mich als wollte er einen engen südamerikanischen Tanz mit mir veranstalten, nur eben mit der Leidenschaft eines Meditationsmeisters. Er kann mich riechen, ich ihn nicht, aber ich kraule ihn innig.

DSC02445

Morgenstund macht  Schlossberichte rund

An der Kasse des Schlosses, wo schon Popartplastikskulpturen in verschiedenen Farben um die Aufmerksamkeit, des Merkfähigen wetteifern, begegnet mir der neue Praktikant der Ausstellung Victor Jette. Er wird mir als ausgebildeter Architekt, der bedauert noch nicht alles über Schloss und Exponate zu wissen, in äußerst bereichernder Weise sein „Auge leihen.“ Um mein Vorurteil preiszugeben, Kunst beginnt für mich wo das Faktische in Frage gestellt wird. Nicht um Postfaktisches als Schutzschild für die eigene Egologe zu produzieren, sondern als Mittel der Sichtbarmachung der Anders-Ansichten.So sehe ich auch die Plastikplastik mit dem Fernglas in der Hand vom Künstler Ottmar Hörl, das er sie „Weltanschauungsmaschine“ nennt geht natürlich noch weit darüber hinaus undreißt mich aus der sicheren Barrikade meiner Ansicht. Nachher werde ich in der Gastwirtschaft erfahren, das der Hund an der „Pforte“ Barri heißt und mit Leo noch einen Zwilling hat.2800 qm Meter Kunst auf zwei Stockwerken erwarten den Gast, wenn er den Geldbetrag von 5 Euro Eintritt als Hüter der Schwelle zahlt. Die Privatgalerie gehört Ewald Karl Schrade und wohnt hier auf Schloss Mochental seit 1985. Das Konzept des erfolgreichen Galeristen, ist es moderne und zeitgenössische Kunst von verschiedenen Künstlern gleichzeitig auszustellen.Das junge Architektenauge Jetters interessiert sich aber gerade für den gebauten Raum.Im Erdgeschosszeigt er die herzigen Öfelchen entlang des Ganges und die modernen Pelletöfen, sowie die Pelletbeigen. „Das Schloss wird ganz mit Holz geheizt“, so Jetter.Im Winter brauche es einen Mitarbeiter der den Feuermeister gibt. Vorbei an einer Bild gewordenen Grünstudie, fasst er zärtlich das Geländer der Treppe zum ersten Stock an. „Das ist ein Baum, schauen sie wie er oben dünner wird.Wegen Brandschutzverordnungen müssen wir die ganzen Türen auswechseln, manche sind es schon.Und die Treppe, diese hier ist neu, vergleichen sie mal mit der zweiten, die ist original.“Ohne dämpfenden Stoffüberzug ist die zweite Treppe sichtbar, man hört und sieht ihr ihr Alter an.

DSC02442
Gleich zu Beginn lud die Skulptur Weltanschauungsmodell 3 die Zuschauer zum hinzoomen aus einer gefestigten Perspektive mit Abstand ein

Cornelia Schleime: Im Bermudadreieck der Verweisungen

Sie ist echt, urig und sperrig und sie passt gut zu der Welt die in einem in ihren verschiedenen Rahmen jetzt anbrandet. Frauen, heftige Frauenportraits. Das Malen für die 1953 in Ost-Berlin Geborene mit dem „Kratzen, Ritzen und Zeichen setzen beginnt“, merkt man wenn man sich auf ihre Bilder einlässt, am eigenen Leibe.Die alte Treppe, die überall verbaut, einem vielleicht zu sehr auf die Nerven gehen würde, gibt auf ihren letzten rissigen Stufen einen neuen Blick frei. Zuerst reißt einen links die laszive Konstellation einer geheimnisvoll anziehend wegblickenden mit traditioneller Kopfhaube hin. Dannreißt der gedreht in die Augen blickende Blick, eines dünnlippig musternden Kindes, das ebenfalls traditionell gekleidet ist die Aufmerksamkeit an sich. Die anthrazifarbene Büste von Joseph Beuys,deren Schöpfer Ottmar Hörl ist schaut in die gleiche Richtung wie die Begehrenswerte.Dieses Bermudadreieck der Verweisungen, macht der Geist so körperlich wach und ist eineEinladung, dieses Verwirrspiel im Raume der Intensität mitzumachen, auf das einen die fast unheimlich eindrücklichen Bilder Schleimes mitnehmen wollen. Welche Glück, dass es andere Künstlerinnen auf dem Flur gibt, die andere Gehirnbereiche ansprechen. Susanne Züehlke bringt einen von Raum des sich Positionieren-Müssens unter heftigen Zug- und Druckkräften in ein feines Spiel mit Farbe und Emotion. „Der Fluss fragt sich durch“ gibt als Bildtitel für das Bild im Spektrum des Blauen, eine anregende Spannungslinie.

DSC02415 (1)
Irgendjemand angeregt zwischen einem Bild aus der Reihe “See you” von Cornelia Schleime und einer von Ottmar Hörl  erschaffenen Büste der Künstlerikone Joseph Beuys

Bodo Korsig: Windows of the mind

Das Hinterfragende verkörpert sich auch im Glanzlicht des Hubertussaales der von Bodo Korsigs „Windows of the mind“bevölkert wird. Wie die Industrialisierung damals, werde das Paradigma der Digitalisierung heutzutage angezweifelt, so der Galerist und Hausherr Ewald Karl Schrade. Korsig setzt unter den hedonistischen Fresken der ehemaligen Sommerresidenz der Äbte von Zwiefalten Maschinenteile. Internet der Dinge oben, Maschinenteile weiß auf schwarz. Werden wir selber zu den Teilen, wenn uns unser Kühlschrank in seine Gewohnheitsmuster zwängt. Oder wird unser Freiheitsdrang einmal so diametral zu diesen technischen Bequemlichkeiten sein, das wir die Maschinen demontieren oder gar zerstören müssen. Oder zerstören sie uns, wenn wir für das bequeme Fressen alles fortschrittliche und solidarische des Menschen abgelegt haben. Bodo Korsig, der auch in seinen ikonographischen Anspielungen einige kreative und Denkrichtungsänderungen zu evozieren vermag macht Lust auf Einkehr und Umkehren. Das Art-Cafe und die Terrasse dahinter, von der aus man die Klöster Obermarchtal(männlich) und Untermarchtal(weiblich) sehen kann bieten auch Kunst in sich. Jetter meint, passend zum Thema Regeneration, Nahrungsaufnahme und Entspannung, die Nonnen von Obermarchtal hätten einen Klosterladen, ich werde ihn später aufsuchen, und so backten Brot, das man im Norma in Munderkingen kaufen könne. Abends, wenn er hier alleine noch gieße, dann schaue er nur dem Windspiel zu, ein Exponat der „kinetischen Kunst von Jörg Wiele, die auch schon am Eingangsbereich grüßt. Einkehr und Besen, passen spätestens seit Beppo dem Straßenkehrer in Michael Ende´s Roman Momo leicht einsehbar zusammen. Und so „erhole“ ich mich von den erotisch-existentiellen Stillleben der Bilder von Ernst Heckel im zweiten Stock im Besenmuseum, welches so Jetter ein Traum des Galeristen war. Es habe jüngst einer aus Ost-Deutschland einen Besen hier beigesteuert. Auch der mystischen Bedeutung der Besen wird reichhaltig nachgegangen. Ich bin aber für heute reif für´s abendliche Einkehren. Es wäre noch viel zu sagen. Aber wenn der See des Bewusstseins über voll ist sollte man sich den See, voll von Einflüssen eine Richtung finden lassen, wenn man nicht gleich die Zeit zum schreibenden Ausfluss hat.

DSC02413 (1)
Im in die Austellung eingebetteten Art-Cafe und der Terasse begegnen einem bei einer Stärkung  Kunstwerke wie einer der seriell produzierten Dürer-Hasen von Ottmar Hörl und die Windspiele von Jörg Wiele

Das Schloss-Stüble und die Bernhardiner

Das Schlossstüble gehört dem Bauer, der auch der Inhaber der beiden Bernhardiner ist, sagt mir Frau Mauz. Ihre Schwiegermutter habe mit ihrem Mann noch Holz gerückt. Das Schloss-Stüble hätten sie schon 1938 von der Familie Dolpp übernommen. Ich interessiere mich für die Bernhardiner. „Bernhardiner sind wie Pförter sagt mein Hundeführer, die spüren die Leute ganz gut und verhalten sich dementsprechend,“ verriet die Wirtin. Hier in der Gegend, zum Beispiel in Schlechtenfeld und Kirchen gebe es auch Bernhardiner als Hofwächter, das sei Tradition.Der Wurstsalat ist mir von Jetter empfohlen worden, ich bin aber Vegetarier. Mir steigt bei dem Preis von 5 Euro wieder der Geiz auf. Dankbar für den Tag und hungrig besiege ich diesen Anflug. Wie eine Belohnung entbergen sich hinter dem bescheidenen Schild „Käsebrot“ zwei Brote, genug Camembert, eine knackige Gurke und eine Scheibe Käse für das andere Brot. Von meinem illustren Nebentisch erfahre ich sowohl über das Angebot der Indios beim Dreh von Fitzcarraldo, den unerträglichen Klaus Kinsky zu töten, als auch von den großen und guten Kuchen. Die Wirtin ergänzt im Nachfassen: Wir haben Käsesahne, gerade Johannisbeerkuchen mit Sahne und Pflaumenkuchen und andere.Unser Kuchenangebot ist saisonal. Der kunstvolle Geschichtenerzähler am Nebentisch meint: „Jedes mal wenn ich hier bin, bin ich restlos begeistert“, seine schön-farbig gekleidete Tischnachbarin meint: „Inhalt und Form sind hier wunderbar in einander gefügt.”

DSC02426
Bodo Korsig bringt ästhetisch zum Nachdenken, so wie hier, wo er im Hubertussaal des Schlosses barocke Fresken wie die des Festmahles mit Maschinenteilen in Beziehung setzt

 

By the way berichtet: B 311 Report

Theodor Oltean:  Wasser verfließt, Steine bleiben

DSC02456

DSC02457
Das Haus aus dem Theodor Oltean seine ersten Steine und Balken für Skulpturen holte

Nach dem Besuch auf Schloss Mochental bin ich schon nicht mehr sehr gut in der Zeit, es ist 16.00 Uhr und ich sehne mich nach der B 311 um mir etwas Wind zwischen die Gedanken wehen zu lassen. Leider verwechsle ich einen Kirchturm mit dem Kloster Untermarchtal und finde mich nach der Durchfahrt durch ein Dorf schnell in einer Sackgasse wieder. Innerlich gelöst freue ich mich aber über den Rosenstrauch als ich am Ende der Sackgasse zum Stehen komme.”Stell dir ein Sofa ans Ende der Sackgasse”, erinnere ich einen geliebten  Kalenderspruch aus Freiburger Zeiten. Als ich gerade eine Nase Rosenduft nehmen will, sehe ich einen Mann aus seinem Haus kommen. Ich frage ihn nach dem Weg und wir kommen über die Rosen ins Gespräch. In Transsylvanien dufteten die Rosen kräftiger meint er. Die Steine, die sich in seinem Garten auftürmen schauen aus wie die heute Morgen bei dem Kriegerdenkmal auf der Anhöhe gegenüber des Guten Hirten über Hütten auf der Schwäbischen Alb. Sie sehen mit ihren vielen Löchern und Windungen aus wie Totenschädel, er kann mir auch nicht sagen ob diese besondere Art Steine von hier kommt. Dafür erzählt er eine nicht minder interessante Geschichte. Vor einiger Zeit hätten die Nachbarn ein Haus abgerissen und in der Bausubstanz seien viele schöne Eichenbalken und Steine herausgekommen. Er habe einige Balken und Steine mitgenommen mit dem Gedanken: Da wird was draus.“Ich bin Rentner, da hat man Zeit“ bemerkt der pfiffige Mann, der seine Hündin „Biene“ auf Mallorca vor dem Einschläfern gerettet hat. Dann führt er mich zu seinen Steinen, er lässt sich von Bekannten auch Steine aus aller Welt mitbringen, und danach kommen wir über einen verwunschenen Pfad zu einem dreiecksförmigen Platz. „Hier hat früher die Neuburg gestanden, etwa im 14. Jahrhundert“, meint er.Hier schließt sich der Kreis zum Fund der Steine im abgebrochenen Haus, die Neuburg war über Jahrhunderte der Lieferant für Baumaterial für die umliegenden Häuser.Ein paar Schritte weiter geht es zu einem Aussichtspunkt, der die Stelle überschaut, wo Donau und Lauter zusammenfließen. Im Februar sei die Fläche zwischen Wald und Fluss ganz überschwemmt, ohne diesen Puffer würde möglicherweise auch der Ort Obermarchtal überschwemmt werden, meint der witzige Mann mit feinem Gesicht und blitzenden Augen.“Ich nenne Neuburg das „Tal der Könige“, weil hier so viele Leute König heißen, blinzelt er.DSC02447

DSC02450
Hier stand laut Theodor Oltean im Mittelalter die Neuburg von der die Leute in den angrenzenden Siedlungen Baumaterial verwendeten

Skulpturen aus Holz, Stein und Metall

Einst war er Bühnenbildner im Theater von Hermannstadt in Siebenbürgen, vorher hatte er in Klausenburg Kunst studiert in den 90er Jahren ist er dann mit seiner Familie nach Deutschland gekommen. Kurz danach war er mit seiner ganzen Familie auf einer Ausstellung von Picasso, die 18 Euro pro Person gekostet hat. Hinterher sei er enttäuscht gewesen, kaum Werke von Picasso, viele Reproduktionen und Sachen von seiner Frau. Dann habe er seinen ersten Picasso nachgemalt, über den friedensbewegten Pablo kamen wir auf ein berührendes Bild von Theodor, erst spät erfahre ich seinen Namen. Es zeigt eine Frau, die eine tote Taube in den Händen hält. „Ich habe es während des Genozids in Ruanda gemalt“, meint er. Sei Zimmer des Hauses sind bevölkert von weit über 100 Steinskulpturen. Bei seiner Ausstellung in der Galerie von Heidi Moll, waren es noch 99, es kommen jede Woche einige hinzu, immer arbeitet der Rentner an einer neuen “dreieinigen” Kreation. Die Ausstellung hieß: „Wasser verrinnt, Steine bleiben, das sei ein rumänisches Sprichwort.Über den unzähligen knorrigen Hölzern und filigranen Metallwindung auf urigen Steinen, die immer Holz, Stein und Metall zusammenfließen lassen thront jeweils ein Jesus am Kreuz. Während des Gesprächs zeigt er einen verblüffenden Stein aus Mexiko, der unten silbern und oben gülden schimmert. Zum Schluss erzählt der begnadete Unterhalter wie seine (zweieinige) Fernbedienung funktioniere. Die Fernbedienung ist auch ein Fundstück aus dem abgebrochenen Nachbarshaus und sieht wie eine Kaffeemühle aus. Ein rustikales Stück Holz darin gefasst ein Metallstück das man drehen kann.„Wenn meine Frau abends die Fernbedienung in der Hand hat, und ich das Heft in die Hand bekommen will, nehme ich meine Fernbedienung und beginne zu drehen, bis sie entnervt von Quietschen ihre Fernbedienung preis gibt und sagt: „Jetzt lass aber deine Fernbedienung.“ Auf meiner Weiterreise auf der B 311 werden mit vier Jugendliche begegnen, mit denen ich ins Gespräch komme.Veröffentlichungschronologisch eine Reise in die Vergangenheit.

DSC02448
Der Blick auf den Ort wo sich  Donau und Lauter treffen und auf die Türme des Klosters Obermarchtal

 

By the way berichtet: B 311-Reporte

DSC02519

DSC02483
Am ersten freiburger Morgen verwies der Hirtem bei Grabmale Vatter in Littenweiler weiter: nur wo hin?

Der Jugend begegnen: von Riedlingen bis Messkirch

Meine Reise zu den Troubadouren begann im Frühling mit einem tanzenden weißen Schmetterling nach einem harten Winter auf der Schwäbischen Alb. Meine Reise auf der B 311 Richtung Freiburg wurde angefeuert von einer hart errungenen Entscheidung gegen einen Zeitungsausträgerjob, welcher das zeitliche Territorium meiner Berichterstattungskapazitäten durch seinen Beginn um vier Uhr morgens von Montag bis Samstag extrem eingeengt hätte. Weiter ging es mit der Erringung einer Zeitzone der Befreiung von der Besitzerin meines Autos, meiner Mutter, und der darauffolgenden Legitimation von zwei Wochen Freizeit seitens meines „Inhabers“ Jobcenter.Ohne von den Realitäten flüchten zu wollen, schaute ich meinem halb-nomadischen Wesen ins Auge. In Justingen ließ ich mich von dem Schild Informationszentrum Biosphärengebiet ziehen um alle Kraft in die Zukunft des Berichterstatters zu investieren, der zur Zeit alltäglich an die Reichweite der Schwäbischen Alb gebunden ist. Auch dieses Territorium hatte zu meiner hohen Gestimmtheit mit dem letzten Brief den ich in der Heimat empfing eine Deterritorialisierungslinie bekommen. Ich hatte eine Einladung aus Ulm zu einer beruflichen Reha Mitte September

Von Ehingen bis Riedlingen

In Ehingen begann nach der Erkundung der, den Reisefluss stauenden, Sehnsuchtsorte Hütten und Teuringshofen die eigentliche Reise auf der B 311. Ich dachte an Ulm:Stadtluft macht frei. Wie hat mir ein naher Freund einmal in einem Gespräch über den Sinn der Demokratie zitiert: „Das Geheimnis des Glücks ist die Freiheit und das Geheimnis der Freiheit ist der Mut“, Perikles Mitbegründer der antiken athenischen Demokratie. Beim dem Wetter von Mitte August wäre ich hier wohl zusammen mit meinem alten Reiseatlas sowie Handtuch und Badehose zu dem tollen Badesee in Rottenacker gefahren um, wie man so schon sagt, etwas Vergangenheit auszuatmen, etwas Gegenwart zu inhalieren um so genügend Luft für das Begegnende, die Gegend zu haben.Das schlechte Wetter, welches mich gestern beim Halt an der Urspringschule abends, meine Müdigkeit gewahrend, nochmals heimfahren lies, machte mich nun an dem Seensuchtsort vorbeifahren.

Bei meiner ersten bewussten Fahrt auf der 311, ohne Sozius oder Fahrer, war ich schon einmal im Kloster Obermarchtal,  gelegen an einer Ausfahrt der verheißungsvollen Bundesstraße gelandet. Deshalb sah ich davon ab wieder hinzugehen. Vielmehr kitzelte es mich jetzt beim braun-weißen Schild Schloss-Mochental. Diesen Exkursionen in das Barockschloss umgeben von Kühen und befüllt mit Gegenwartskunst und auch die darauffolgenden Begegnung mit Thomas, dem lokalen Künstler aus Transylvanien, gebührt jeweils ein eigener Beitrag.

Riedlingen: Melanie(15) und Roxana(17) im Interview

DSC02461 (1)
So saßen die beiden Nachbarinnen da und schauten den Autos  auf der B 311 nach, so haben wir uns getroffen

Riedlingen ist mir bei meiner Durchfahrt auf begradigter Straße immer als ein angemessener Ort vorgekommen um einfach mal, ohne links und rechts zu sehen, durchzufahren. Ein Mc Donalds, ein Edeka, links ein Backshop, aber da rechts sitzen zwei junge Mädchen und schauen vor einem alten schönen Haus den Autos beim Fahren zu. Ich drehe und nach einem kurzen Zögern ob Man die einfach ansprechen kann, besinne mich mich dann aber auf die Tugenden der Demokratie. Riedlingen ist das eine, Riedlinger das andere.Während  ich beim Kontaktmachen Fragen überlegene, stellt sich Melanie vor. Sie ist 15 Jahre alt, hat schwarze Haare und kommt aus Riedlingen. Ihre Freundin Roxana  ist halb spanisch und halb rumänisch und spricht, vor einem Jahr eingewandert, noch nicht gut deutsch. Auf die Frage ob sie einen schönen Sommer gehabt habe, antwortet Melanie mit ja.Roxana will ehrlich sein. „Deutschland ist das schlechteste Land der Welt, ich bin mit meinen Eltern gegen meinen Willen hergekommen.“ Aber habt ihr nicht gute Zeiten beim Grillen und Chillen gehabt, entgegne ich. Roxana meint: Grillen? Wenn ich ein Schnitzel will gehe ich ins Steakhouse.Dann meint die blonde Spanierin mit dem Piercing im Zahnfleisch über den Schneidezähnen. „Diese Generation ist kaputt, was soll ich machen. Dann lenke ich das Gespräch auf den Berufswunsch. Roxana will Buchhalterin werden. Wenn sie dabei aber zu viel lesen müsse, wolle sie Model werden. Melanie hingegen ist sich ziemlich sicher Altenpflegerin werden zu wollen, sie liebe es Alte Menschen zu betreuen und ihnen zu helfen. Dann frage ich die beiden ob sie in Zukunft hier in Riedlingen bleiben wollen.Melanie will hier die Ausbildung machen und dann auch bleiben. Roxana will wenn die 18 ist zu ihrem Freund nach Memmingen ziehen.Melanie hatte auch einen Freund, dem ist aber ohne Führerschein der Weg zu ihr nach Riedlingen zu weit. Bei der Frage wie viel Stunden die beiden pro Tag im Internet seien antworten beide mit oft. Melanie sei fasst immer im Internet, weil es bei ihr ohne Musik nicht gehe. Roxana ist 5-6 Stunden im Internet und chattet viel mit ihrem Freund. Was die Musik betrifft höre Melanie Deutschen Rap, wie übrigens fast alle Riedlinger, Kapital Bra, UFO 361 und SXTN die zwei rappenden Mädels aus Berlin. Sie sei aber mit Rammstein, was ihr Vater höre aufgewachsen, was ihr noch immer gut gefalle.Roxana hört spanische Musik beipielsweise Natos y Waor. Wir verabschieden uns. Als ich auf die andere Seite zum illegal beim Bäcker geparkten Auto kommen will, merke ich welche massiven Ausmaße an zielgerichteten Blechströmen mich von der anderen, begegnenden, Seite trennen.

DSC02462
links Melanie(15) aus Riedlingen, rechts Roxana(17) aus Riedlingen

Vorbei an den Hängenden Gärten von Neufra,über Mengen und Krauchenwies gelange ich nach Messkirch, dass ich demletzt noch gegoogled hatte. Denn das mittelalterliche Dorf, von dem mir meine Psychologin erzählt hatte, welches mit Originalplänen und Werkzeugen in Oberschwaben aufgebaut wird, entsteht hier in Messkirch beim Campus Galli. Angesichts des Ankommenwollens in Freiburg und der fortgeschrittenen Zeit orientiere ich mich aber Richtung Altstadt, dort erspähe ich, nach einem kurzen Dip in in den Gottesdienst in der katholischen Martinskirche, meine zwei designierten nächsten Interviewpartner am Eingang des bereits geschlossenen Schlosses.

Messkirch: Alex(19) und Gioseppe(16) und Lucifer Morningstar(16)

DSC02470
Lucifer morningstar(16) aus Messkirch

Es ist Freitagabend. Erst gehe ich an den beiden Jungs vorbei, da sie mit Kartenspielen und gleichzeitig ein Video anschauen beschäftigt sind. Dann aber nutze ich den Break nach dem Kartenspiel und stelle mich vor.Alex ist etwas angetrunken. Er meint auf meine Frage wie der Sommer war: „Der Sommer war scheiße, hier ist nicht viel los.“ Giuseppe, mit seinen großen wachen Augen, meint der Sommer sei ganz ok gewesen. Alex unterbricht: „Es kommt mir behindert vor wie sie fragen.“ Ich versuche mit dem Satz, dass alle Menschen relativ zu ihren Herausforderungen behindert seien, zu beschwichtigen. Gioseppe will etwas mit Elektroniker werden, weil er viel Geld verdienen will. Alex will Maschinen und Anlagenführer werden, weil das eine angenehme Arbeit sei. Welche Musik hört Giuseppe, wie Melanie in Riedlingen auch Capital Bra. Alex antwortet erst auf die Frage wie viel er im Internet sei wieder.“3-4-5 Stunden.“ Giuseppe erklärt die viele Zeit im Internet: „Die meisten jungen Leute hier interessieren sich nicht für Kultur und Geschichte, es gibt keinen Bahnhof, kein Schwimmbad, auch keine vernünftige Jugendarbeit. Auf den Stufen zum Schloss begegnet mir ein 16-jähriger, den ich wegen seiner postiven Ausstrahlung anspreche. Er sei ein hoffnungsloser Fall gewesen, jetzt mache er aber Bewusstseinserweiterung durch Meditation. Er will auch interviewt werden, wenn ich ihn lucifer morningstar nenne. Sein Sommer sei normal gewesen, sei nicht im Urlaub gewesen und in Messkirch gehe nicht viel. Er geht auf die zweijährige Berufsschule, wo er seinen Realschulabschluss macht. Auch er will im Beruf viel Geld verdienen, aber auch etwas mit Menschen machen: IT-Kuafmann sei sein Berufsfavorit. Im Internet sei er fünf Stunden am Tag. Musik höre er breitgefächert House, Alternativ Rock zum Beispiel Barnes Courtney. Er wolle weg von Messkirch. Neue Leute. Neue Gegend. Hier sähen die Leute nur so wie er früher war. Ego-Ego. Nicht so wie er wirklich ist. Es ist schon nach 20 Uhr, wenn ich noch munter in Freiburg ankommen will. Öffne ich mir jetzt einen Energydrink und ziehe meine Fühler wieder ein um in der Dämmerung den Soundtrack von das Boot anzuhören. Vorbei am reizvollen Sigmaringen, der Durchfahrtstadt Tutllingen und Immendingen und den dunkeln Schluchten, den Serpentinen von der Höhe hinab in den Schwarzwald bis nach Freiburg mit Marika Röck´s , “Ich brauche keine Millionen” im Ohr. Wohin würde mich meine Reise von Freiburg aus mich führen? Auf den Parkplätzen vor Freiburg zeigte sich das schlafende Europa. LKW´s aus D,P,Esp,Ct, Ro,Cz, Sk, A,Fr.

DSC02519
Am nächsten Tag in Straßburg am Abend zeigte sich eine europäische Stadt, hier vor dem berühmten Münster der lieben Frau

 

By the way berichtet: B 311-Reporte

DSC02396
Der erste Abzweigung des Weges führte von Justingen über Hütten nach Teuringshofen wo die erste Pumpstation für die Albwasserversorgung Ende des 19. Jahrhunderts das Schmiechwasser für die Alb urbar machte

Die B 311, so oft befahren als gerade Straße zum Ziel. So oft als  machtloser Beifahrer, im Studium in Freiburg, mit sehnsüchtigem Blicke auf die Schilder am Wegesrand schielend ertragen. Schloss Mochental, Kloster Obermarschtal, Messkirch, Sigmaringen und dann natürlich die wilden drei: Gauchachschlucht, Wutachschlucht und Ravennaschlucht.

Jetzt wo ich wieder einmal Gelegenheit habe, diese Straße zu befahren möchte ich es mit mehr Bedacht auf die Anziehungskraft der Seitenwege und ihrer Orte tun. Dieser vom  Umraum der Straße und seiner erfahrbaren Fülle, genauso wie von der Spannung des Ankommenwollens am sicheren Schlafplatz gehaltene Roadtrip, ergibt die Reihe ” By the Way berichtet: B 311-Reporte.”

Die innere Reise hatte schon im Frühling begonnen wo ich in einem Lied dichtete:”Im Märzen der Bauer, im Mai der Troubadour, mich zieht es nun ins Frankenreich, auf des Schmetterlings schweigender Brache der Sprache.” Nein, ich kann noch kein Französisch und ich habe immer noch genug am Deutschen zu lernen, und wie so mancher Erntemann werde ich nicht alles einholen können, was meine Vorstellungen ersonnen haben. Aber ich lasse mich ziehen und erziehen von Mangel und Fülle der Straße. Das Schönste dabei, ein Freund ist mir in unmittelbarer Nähe meines Heimatortes, das erste mal begegnet. Der gute Hirte über Hütten.Der weiße Mann zeigt nach meinem Navigationsvermögen gen Süd-Westen. Ein gutes Omen für die 250 Kilometer bis Freiburg im Dreiländereck, dem Tor zu Frankreich, dessen sagenumwobener Süden so fern ist, dass es ohne begradigte Straße wohl mehr als die mir gegebenen zwei Wochen bedürfte um dort seelengetreu rumzukommen.Zunächst reise ich einmal mit französicher Sehnsucht Richtung Süd-Westen.

DSC02404
Dreizehn Tafeln, die den Leidensweg Jesu-Maria symbolisieren führen hinauf zum Guten Hirten über Hütten