Sontheim lag sich bei Herz-Ass in den Armen

Seit Tagen hatten die fleißigen Musiker und Musikerinnen von Musikverein Sontheim schon gespült, gebacken, das Zelt hochgezogen und bestuhlt. Zum Neunzigsten Geburtstag hat der Verein, sein sonst am Samstag beginnendes Fest schon am Freitag beginnen lassen. “Herz-Ass” sieben pfundige Kerle, davon 5 Solo-Sänger und alle spielen sie mehrere Instrumente. Am Anfang hatten es die “Volksrock´n´Roller” durch wenige Gäste bedingt schwer. Aber Helmut das rotsockige Animationswunder und seine Mannen aus Günzburg, holte nun den “gigageilen” Andreas Gabalier ins Zelt. Und wenn ein Volks´s Rock´n´Roller und ein Dorfkind sich auf Bierbänken treffen, dann ist “Was kann´s schönres schönres geben als auf dem Land zu leben?” nur noch eine rhetorische Frage. Durch die heißgeliebte Musik und den eisgekühlten Gerstensaft bildeten sich nun unter Spannung stehende Dirdl- und Hästrägertrauben. Diese ersten Zellen der Ausgelassenheit waren allerdings noch eine durstige Weile lang unverbunden im Zelt verteilt. Das für alle etwas dabei ist und das Leute, die früher gehen wollten wegen der Gaudi bleiben ist der Anspruch von Herz Ass. Und bei Wolgang Petry´ heißkaltem Beziehungsdrama “Wahnsinn” und zahlreichen anderern Liedern sangen auch die Junggebliebenen schon vor Mitternacht ausgelassen mit.
Über fünf Stunden Livemusik
Nach der Pause spielten Herz-Ass gestärkt mit “Eye of the Tiger” auf, das sie in einem innovativen Mix in “Mein Tiroler Land” übergehen ließen. Dabei hatten die Jungen und auch so manche nicht ganz “krachledernen” Alten beim Mitsingen Probleme. Trotzdem war es hohe Luft, die da ins Zelt blies. Der Vielautofahrer Helmut überlegt sich seine spritzigen Einlagen und witzigen Zwischenbemerkungen auf der Fahrt. Und die Musiker die nächstes Jahr 25. Jubiläum feien hatten jetzt Fahrt aufgenommen und das spürte man auch im Zelt, das sich jetzt gegen halb elf auch etwas füllte. Beim oftmaligen Prosit-Ritual krachten die Krüge und der Trompeter, als einiger Profimusiker in der Hobbykombo, besorgte es dem Publikum mit hochfahrenden und von Gipfelerlebnissen bewegten Soli. Die nächste Stufe der Partyrakete zündete aber wieder ein Liad von Gabalier. In “I sing a Liad für di” geht es um den Moment in dem man sich in ein anmutiges Augenpaar verguckt und das uralte Spiel welches mutigen Falls dadurch in Gang gesetzt wird. Helmut meint Gabalier, sei nicht nur geil, er sei unbandig geil. Wie auch immer, der gut gebaute Posaunen-Hüne Stefan als Gabalierinterpret hatte auch seinen Charme.” “In die leuchtenden Augn”, verstand er eini zu schaun denn “Malle ist nur einmal im Jahr…”. Der rothaarige Trachtenträger Markus fällte als Ennabeurer ein Salomonisches Urteil über die Party: “In Sontheim ist es gut, in Ennabeuren ist es geil.”Josephine Zinn aus Sontheim und ihr Freund Florian Meixner fanden die Party super. Gut mitgemacht haben auch Tanja und Markus, sie fanden es gut und wollen morgen dazu beitragen, dass das Konzert zu einem Fest wird.

Die Choreographie der Entgrenzung
Auch wenn ein ortsansässiger Bargänger für seine Generation meinte: “Die Sontheimer sind keine Feierochsen, sondern Stubenhocker, diese Lutherischen hindert es daran herzukommen das es Eintritt kostet.” Ausdauernd, enthusiastisch,einladend und konzertierend gab die Band alles. Helmut leitete Körperchoreographien, die im Bobfahren in sieben Reihen auf dem Asphalt vor der Bühne mündeten. Weil soll das erst werden wenn morgen ab 18.30 Uhr das Römersteintreffen mit acht Kapellen anhebt, die Polizisten am Dorf hatten zumindest alle ein Bier in der Hand. Nach dem Bobfahren waren sich wieder Fremde näher gekommen. Und es war fast eins. Manche träumten vom Bett in Elisabeth, manche vom Bett im Kornfeld und manche vom Bett im Elternhaus. Dann aber, auch wenn man sich losreißen wollte, kam man als Volx-Rock ´n´Roller nicht mehr weg. Grund: Die rockige dritte Stufe der Partyrakete war von den “bösen Buben” auf der Bühne gezündet worden.Leider forderten die zu tiefen Blicke in so manche scheue Augenbläue jetzt ihren Tribut.”Was ich will bist du”, tönte es da animierend,nur wenige dachten dabei an Gott. Jetzt strömten die Leute auf die Tanzfläche, die Pärchen, haben sich gegenseitig in die Lüfte, Flaschen stürzten, Schuhe flogen, Leute posten vor der Kamera. Aus Bier wurde Sekt. Alle sangen und hüpften zum Liebenslied “Ich wollte dir nur mal wieder sagen, dass du das Größte für mich bist.” Nach eins ertönte auch für die beachtliche Anzahl dagebliebener Mütter “Verdammt ich lieb dich” von Matthias Reim. Und von den Alpen zog es die wachsende Sehnsucht an die Nordsee. Die besten Lieder hatten die Musiker, die sich längst taff ins Herz des jubilierenden Sontheims gespielt hatten auch noch zu unwahrscheinlichen Zeiten im Köcher. Das “Hodi odi o di ho di e” von der Bühne, echote zum zweiten und dritten mal bald in einem Massenchor. “Happy hour mitten in der Nacht,sexy, alles tanz, alles lacht…” Heftige aber immer liebevolle Kabbeleien, “völlig losgelöst”, oder völlig verbunden endet die lange Sommernacht glücklich: “Vierzig Grad am Dancefloor, Hulapalu, sagst du in mei Ohr….”.
