
Da Ulmer Zelt zu erleben, wenn einer der bemerkenswertesten deutschen Wort- und Klangkünstler wie der Weinstock die Trauben seine Anhänger versammelt, ist ein Vorrecht. Und dementsprechend vielschichtig ist auch das Publikum sowohl was Alter als auch was den äußeren Anschein betrifft. Der Sucher mit dem sperrigen Namen hat vor acht Jahren mit “Hurra! Hurra! So nicht”, seine letzte Platte gemacht und tourte zuletzt 2012 mit Nils Koppruch und der Band Kid Kopphausen und dem Album “I”. Koppruch, der ältere, milde Counterpart an Gitarre und Gesang dessen letztes Dokument das Video von “Das Leichteste der Welt” im selber Jahr ist, starb unerwartet nach dem Dreh an einem Herzstillstand. Berührend wurde Koppruch in den drei Liedern, die sein Freund von “Kid Kopphausen” spielte wieder wach. Die Band im Ulmer Zelt bestand aus Schlagzeuger Tim Lorenz, Bassist Florian Eilers, dem Keyboarder und Gittaristen Jean-Michel Tourette, Martin Wenk an Trompete und Gitarre und Michael Flury an der Posaune. “Niemand” machte den edelmutigen Auftakt, hier zeigte zu Knyphausen was er mit “Das Licht der Welt meint”, nämlich das schiere Leuchten, welches dir den Weg weist, egal was und wer du bist und dem er einst in “Das Leichteste der Welt” das Ja-Wort gegeben hatte. Das helle “Niemand”, das die beliebte knyphausensche Konkretheit der Poesie für die Reinheit der Aussage weitgegehend aufzugeben sich traut, bezeichnet den Weg auf dem man lernt “ein Niemand” zu sein. Wer Knyphausen und seine Projekte wie beispielsweise das Independentlabel “Omaha” kennt, oder ihm nur einmal wach in die Augen schaut, weiß,er ist “saved by Rock´n Roll” und sein Licht scheint aus der Finsternis, sowie seine Sprache aus dem Fleisch stammt und aus kräftigen Beschäftigung mit seinem “Dickkopf” und seiner “dünnen Haut”.Und da sich im gisbertschen Universum “unter dem hellblauen Himmel” immer ein “warmer Asphalt” findet, geht er im gleichnamigen Lied in Ulm los wie eine Pistole. Das Konzert ist allgemein sehr rockig, vertieft und erhöht aber stets durch den Unterstrom “dieses Lebens das mich lieben will, egal wer ich bin”(Das Leichteste der Welt).

Saved by Rock´n Roll Gisbert grinst genüsslich
“Hier bin ich”, das auch zusammen mit Nils Koppruch entstanden ist, spiegelt die Liebe zum Rock´n Roll, die Selbstironie und leuchtende Freundschaft der beiden, sowohl wie das Licht, das immer nah bei der Welt aufscheint. “Ich bin gut gelaunt und mächtig, ich bin naiv und niederträchtig…, ich hab zwei Arme, ich hab zwei Beine, ich bin viele, ich bin alleine- Wer bin ich?”Mit dem Alter des Abends, waren die Lichtfluten der Musik und Sprache immer mehr in den Resonanzboden des Publikums übergegangen, alle bewegten sich umringt von der Musik wie ruhiger See und einzelne poetische Miniaturen fuhren dann und wann wie Blitze in den geneigten Publikumskörper und tonisierten ihn erneut. Wenn man es wusste merkte man nun in dieser paradiesischen Menschenmenge, das Gisbert Musiktherapeut gelernt hat. Wer das Licht nicht spürte, spürte die Wärme und wenn er nicht die des Plenums erfuhr, so mindetens die seiner Herde oder die Brillanz der Knyphausenschen Eindringlichkeit. Mädchen tanzten wie Fussballstars verschrängten Armen. Gisbert hat es besser ausgedrückt: “Wir fallen rein und treiben als wären wir Musik, gehen an und beichten, und werden heiß geliebt.” Nach dem offiziellen Schluss, gab es minutenlange Klatschorgien. Gisbert und Band machten es spannend, dann aber performten sie noch zwei Songs. “Hier fallen die Vögel nach oben” und der Sänger in die Arme der Geliebten, um verloren zu gehen, bis er sich in ihrem Lächeln wiederfindet. Zum Schluss sang der Wahlhamburger: “…dich zu lieben ist so einfach wie die Wellen am Horizont kommen und gehn.”Lieben, das zeigte das Konzert deutlich ist “das Leichteste der Welt”, “das Licht der Welt” und vielleicht auch “Ende der Welt.” So schnell wie sich die Traube um den “Weinstock” versammelt hatte, so schnell löste sie sich wieder auf, ein paar Stimmen gab es gerade noch zu fassen. Ein 73 jähriger Mann kennt “Gisbert” von Kid Kopphausen und mag es vorallem, wenn Gisbert so richtig nach vorne geht, er ist heute auf seine Kosten gekommen.Julia hat die Karte zum Geburtstag bekommen. “Er hat uns gezeigt, dass Schmerz und Freude im Leben extrem nah beieinander sein können. Ich dachte er sei ein Melancholiker, heute habe ich ihn aber als Optimisten erlebt.” “Nevermind the darkness, you´ll be saved by Rock´n Roll.

Links:
Das Leichteste der Welt:
Hier bin ich: