
Am Mittwoch 13.06 traten vor ca. 30 Leuten in der Nikolauskirche in Seißen Jakob Haufler und Benjamin Hühne mit ihrem diesjährigen Programm “The fine English art” auf. Jakob Haufler hat Gitarre studiert und Benjamin Haufler Komposition und Gesang. Das Programm hätte genauso “the sad englisch art” heißen können, da an dem Abend überdurchschnittlich viel Melancholie musikalisch transportiert wurde. Dabei wurden Kunstlieder aus der Renaissance und der Moderne dargebracht die sich in ihrer emotionalen Gestimmheit die “Hände” gaben.
John Dowland ist der wichtigste Renaissancekomponist Englands; seine Themen sind , laut Hühne, Liebe und Politik und er bleibt, “gefangen im Kampf zwischen Licht und Dunkelheit.” Zuerst bekam man in dem Gitarrensolo “Sir John Smith his Almaine” einen ersten Geschmack von der kunstvollen Ordnung des Lautenliedes in der Renaissance. Danach bekam, wer in der Lage war, sich die folgenden Oden an die Trauer im Geiste aufzuschließen, ein musikalisches Exerzitium eines völlig anderen Bewusstseins vorgeführt als es heute den Hauptstrom des Musikgeschmacks prägt. In theatralischer der historischen Auffühungspraxis angemessener Weise dargebracht, folgten nun vier bemerkenswerte Lieder.
Die Renaissance der Traurigkeit
Das letzte “Flow my tears” deute ich kurz stellvertretend an. Das große O, von “Flow my tears” lässt Hühne wie einen Kreis erklingen, in dessen Mikrokosmos sich die abgründigste Trauer gebannt hat um allem schmerzlichen Licht der Welt zu wehren. Ganz hineingenommen in dieses Gefühl offenbaren die Oden, die heute kaum mehr denkbare Mode der melancholischen Musik, in der elisabethischen Zeit, welche die Engländer noch heute als “golden age of england” bezeichnen. Eine moderne Bagatelle von William Walton(1902-1983) machte gespannt darauf wie sich die englische Gitarrenmusik mehr als 300 Jahre später entwickelt hatte. Der Aufsehen erregende Beginn mit schwierigen Stellen, der dann in einen spanisch anmutenden Temperamentsausbruch ausläuft, der sich zu leisen verspielten Höhen aufschwingt und dann zum Schluss wieder blutvoll zu werden… bot ein genussreifes Gitarrenstück, welches Haufler souverän interpretierte. Dann wob sich Benjamin Britten(1913-1976), der als moderner Komponist 61 englische Volkslieder bearbeitete in die Textur des Abends ein.Das Lied “Oliver Cromwell”, setzte nun einen ironisch, vielfarbigen Kontrapunkt zu der ganz in der unironischen Situation der Eishölle der Trauer, als Trutzburg gegen die unerträgliche Hitze der Liebeswelt beheimateten Musik Dowlands. Dank den Ansagen des Baritons Hühne, bekam man einen Eindruck von der Dimension der Sprache in Brittens Liedern. Allein das Cromwell ein berühmter englischer General war, genügte aber vorerst um das Stück zu feiern.
The inifinte english Sadness
Als der Name Henry Purcell, einer der großen englischen Komponisten ein Jahrhundert später als Dowland mit seinem Lied “O Solitude” zur Aufführung kam fühlte man sich zurückversetzt in den dowlandschen Mikrokosmos des Dunkelheit: “Oh Solitute, my sweatest choise, place devoted to the nigh…” schallte es da in formvollendem Pathos und musikalischer Formkraft; eine englische Ode an die Einsamkeit. Der zweite Part von Britten zeigte in “The trees they grow so high” eine tiefe selbstreflektierte Poesie, in der sich die Verse des Liedes sich über den Rhythmus von Leben und Tod- wie die Gräser sich über dem Grab des Geliebten erheben hinausdehnen. Dowland wünschte sich darauf wieder in Dunkelheit zu verweilen, zum Beispiel im totenstill schönen: “In darkness let me dwell.”Man wünschte sich bei der grundstürzenden Musik, so sehr das man sie bald besser verstehen möge, den Englisch kann auch entgegen der alltagsgespeisten Vermutung, auch ein hohes Ausdrucksmittel sein. Zum Schluss heiterte die Gestimmtheit und die mit ihr verbundene Befindlichkeit dank der letzen heißen Bagatelle Nr.3 “Alle Cubana und mehr noch dank der ironischen Songs von Britten auf.In “The Foggy Foggy Dew ging es um einen Liebhaber der ob der kommenden Kinder erwachsen wird. In “The shooting of his dear” um einen Liebhaber, auf der auf nächtlichen Vogeljagt aus Versehen seine Geliebte erschießt. Nach dem wohlverdienten Applaus kamen die beiden noch einmal zu einer Zugabe raus und Hühne durchbrach mit einem spanischen Volkslied den kunstvollen Bann der tiefen, tiefen Traurigkeit.